Leitsatz (amtlich)
1. Die Aussetzung der Kürzung durch den Versorgungsausgleich wegen Unterhalts hat mit dem Bruttobetrag der Rente/Versorgung zu erfolgen.
2. Der Unterhaltsanspruch gegen den aus dem Versorgungsausgleich Ausgleichspflichtigen erhöht sich nicht (zwingend) entsprechend der Höhe der Aussetzung der der versorgungsausgleichsbedingten Kürzung der Rente/Versorgung.
Ebenso wenig muss die Aussetzung versorgungsausgleichsbedingten Kürzung der Rente/Versorgung mit demjenigen Betrag übereinstimmen, der sich nach Durchführung der Anpassung (Anpassung der Kürzung) als höhere Renten/Versorgungszahlung für den aus dem Versorgungsausgleich ausgleichspflichtigen Unterhaltsschuldner ergibt.
3. Auch im Rahmen der Anpassung wegen Unterhalts nach §§ 33 f. VersAusglG ist der Ermittlung des (fiktiven) Unterhaltsanspruch grundsätzlich das sog. IN-Prinzip zugrunde zu legen. Zukünftige Steuererstattungen z.B. aus der Durchführung des begrenzten Realsplittings können daher regelmäßig nur im Wege einer Abänderung der Anpassung nach § 34 VersAusglG berücksichtigt werden.
4. Der Verfahrenswert im Verfahren nach §§ 32 ff. VersAusglG bestimmt sich nach § 50 Abs. 1 Satz 1 1. Var. FamGKG.
Normenkette
VersAusglG §§ 32, 33 Abs. 1, 3, § 34; FamFG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 31.08.2016; Aktenzeichen 181 F 206/16) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Koblenz vom 31.08.2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren und in Abänderung der Wertfestsetzung im Beschluss des AG - Familiengericht - Koblenz vom 31.08.2016 auch für das Verfahren erster Instanz auf 1.000 festgesetzt.
Gründe
I. Antragsteller und Antragsgegnerin sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aufgrund des im Scheidungsverfahren durchgeführten Versorgungsausgleichs erhält der Antragsteller seit April 2016 eine zunächst um 866,61 EUR/mtl. (brutto) und sodann korrigiert auf 758,59 EUR/mtl. (brutto) gekürzte Beamtenversorgung. Die Antragsgegnerin kann aus den im Rahmen des Versorgungsausgleichs erhaltenen Versorgungsanrechten des Antragstellers noch keine Leistungen beziehen.
Mit am 03.05.2016 eingegangenem Antrag hat der Antragsteller die Aussetzung der Kürzung seiner Versorgung um den von ihm zu zahlenden nachehelichen Unterhalt beantragt. Im Rahmen eines am 16.11.2011 geschlossenen notariellen Ehevertrags hatten sich die vormaligen Ehegatten verpflichtet, als nachehelichen Unterhalt den jeweils anderen an der Hälfte ihres jeweiligen bereinigten Nettoeinkommens zu beteiligen.
Das Familiengericht hat in der vorgenannten Vereinbarung eine vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch abweichende Regelung gesehen und daher die Kürzung des Versorgungsausgleichs ab dem 01.06.2016 nur in Höhe von 333 EUR/mtl. (brutto) ausgesetzt. Dies entspreche der fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht des Antragstellers ohne versorgungsausgleichsbedingter Kürzung seiner Versorgung.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde und macht geltend, dass bei der Ermittlung ihres Unterhaltsanspruchs die Versorgungsbezüge des Antragstellers ohne Steuerabzug zugrunde zu legen seien. Denn aufgrund von Freibeträgen und dem möglichen steuerlichen Realsplitting träfen den Antragsteller im Ergebnis keine Steuern. Der Antragsteller und dessen Versorgungsträger treten der Beschwerde entgegen; sie erachten es als zutreffend, dass das Familiengericht allein das tatsächliche Nettoeinkommen des Antragstellers zugrunde gelegt hat.
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und aus sonst zulässige Beschwerde der gemäß §§ 59 FamFG, 34 Abs. 2 VersAusglG beschwerdeberechtigten Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Senat entscheidet wie mit Verfügung vom 26.10.2016 angekündigt gemäß § 68 Abs. 3 FamFG ohne mündliche Anhörung, da hiervon keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind.
2. Die Entscheidung des Familiengerichts ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden.
a) Zunächst zutreffend hat das Familiengericht die Kürzung gemäß 34 Abs. 3 VersAusglG erst ab dem 01.06.2016 ausgesetzt.
b) Wie die versorgungsausgleichsbedingte Kürzung der laufenden Versorgung des aus dem Versorgungsausgleich ausgleichspflichtigen Unterhaltsschuldners zu erfolgen hat, regelt sodann § 33 Abs. 3 VersAusglG.
Dieser ordnet in seinem ersten Halbsatz eine gegenüber dem bisherigen Recht (§§ 5 und 6 VAHRG) differenzierte Rechtsfolge an. Danach ist die Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person nur in Höhe des gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG maßgeblichen - ggfls. fiktiven - gesetzlichen Unterhaltsanspruchs auszusetzen. Die Aussetzung der Kürzung hat darüber hinaus mit dem Bruttobetrag der Rente/Versorgung zu erfolgen, da auch beim Wertausgleich der Versorgungsanrechte anlässlich der Scheidung von Bruttobeträgen ausgegangen wird. Dass sich aus dem Abzug der Steuer und eventueller Sozialabgaben ein geringerer Zahlungsbetrag ergibt, ist insoweit ebenso hinzunehmen wie...