Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Strafvollzug. Verweisung. Verlegung in anderes Bundesland. Rechtsweg

 

Leitsatz (amtlich)

Verweigert die zuständige oberste Aufsichtsbehörde über die Vollzugsanstalten eines Bundeslandes die von einem anderen Bundesland beantragte Aufnahme eines Strafgefangenen oder eines Untergebrachten, so ist dem betroffenen Strafgefangenen oder Untergebrachten dagegen der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG eröffnet. Macht ein Strafgefangener Ansprüche fälschlich vor der Strafvollstreckungskammer geltend, so darf diese den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht mangels Zuständigkeit als unzulässig verwerfen, sondern sie muss den Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Gericht analog § 17 a Abs. 2 GVG verweisen.

 

Normenkette

EGGVG § 23; GVG § 17a Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Entscheidung vom 09.10.2009; Aktenzeichen 6139 Js 3657/09 - 6582 VRs)

 

Tenor

  1. Der Antrag des Strafgefangenen auf Bewilligung von Prozess- kostenhilfe für das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen, da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 29 Abs. 4 EGGVG iVm. § 114 Satz 1 ZPO).
  2. Der Antrag des Strafgefangenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz vom 25. März 2015 wird als unbegründet verworfen.
  3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 29 Abs. 1 EGGVG).
  4. Von der Erhebung von Kosten für das Verfahren wird abgesehen.
  5. Der Geschäftswert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
 

Gründe

I.

Der Antragsteller verbüßt derzeit in der Justizvollzugsanstalt W. eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 9. Oktober 2009. Das Strafende ist auf den 29. Januar 2017 notiert; anschließend ist die Vollstreckung der im gleichen Urteil angeordneten Sicherungsverwahrung vorgesehen. Der Antragsteller begehrt, zur weiteren Vollstreckung in die Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez (Rheinland-Pfalz) verlegt zu werden. Zur Begründung gibt er an, es sei seinen im Saarland (H.) und in Rheinland-Pfalz

(Z.) lebenden Familienangehörigen aus gesundheitlichen Gründen und wegen der Entfernung nicht möglich, ihn in der Justizvollzugsanstalt W. zu besuchen; darüber hinaus werde ihm in Werl keine angemessene Behandlung angeboten. Nach dem Vollstreckungsplan des Landes Rheinland-Pfalz werden Freiheitsstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez vollstreckt.

Die für eine Verlegung erforderliche Zustimmung hat das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz mit Schreiben vom 25. März 2015 (Bl. 223 Vh) unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der JVA Diez vom 13. März 2015 (Bl. 224 ff. VH) gegenüber dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen versagt. Eine Kopie dieses Schreibens wurde dem Strafgefangenen am 13. Mai 2015 in der Justizvollzugsanstalt W. ausgehändigt (Bl. 29 Rücks. Bd. IV Gefangenen-Personalakte). Hiergegen stellte der Antragsteller am 20. Mai 2015 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG, den die Strafvollstreckungskammer für Vollzugssachen des Landgerichts Arnsberg mit Beschluss vom 8. Juli 2015 mit der Begründung als unzulässig verwarf, es handele sich bei der Versagung nicht um eine Maßnahme nach dem Strafvollzugsgesetz, sondern um einen Justizverwaltungsakt, der nur im Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG in dem betreffenden Bundesland (Rheinland-Pfalz) angefochten werden könne (Bl. 33 ff. des Vollzugsheftes IV-2 StVK 90/15). Die Rechtsbeschwerde hiergegen verwarf das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 als unzulässig.

Mit Schriftsatz vom 5. August 2015, beim Oberlandesgericht eingegangen am 6. August 2015, hat der Antragsteller sodann um gerichtliche Entscheidung im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG nachgesucht. Er beantragt zugleich, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG zu gewähren und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren zu bewilligen. Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz und die Generalstaatsanwaltschaft beantragen, den Antrag als unbegründet zu verwerfen.

II.

Der Antrag ist im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1.

Gemäß § 8 Abs. 3 VollstrPlV RP bedarf die Verlegung in den Straf- oder Maßregelvollzug des Landes Rheinland-Pfalz der Einigung der obersten Behörden der beteiligten Landesjustizverwaltungen. Die Regelung entspricht § 26 Abs. 2 Satz 3 StVollstrO. Verweigert die zuständige oberste Aufsichtsbehörde über die Vollzugsanstalten eines Bundeslandes die von einem anderen Bundesland beantragte Aufnahme ...

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