Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 20.12.2005) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Verteidigerin wird der Beschluss der 2. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 20. Dezember 2005 aufgehoben.
2. Die Verfügung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Trier vom 23. September 2005 wird dahin abgeändert, dass die Vergütung der gerichtlich bestellten Verteidigerin auf
2.539,47 EUR |
(in Worten: zweitausendfünfhundertneununddreißig 47/100) … |
festgesetzt wird.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Tatbestand
I.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die der gerichtlich bestellten Verteidigerin aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung antragsgemäß fest. Ausgenommen hat sie lediglich die von der Verteidigerin für den Hauptverhandlungstermin vom 9. Mai 2005 beanspruchte Zusatzgebühr nach Nr. 4116 VV-RVG (Teilnahme von mehr als 5 und bis 8 Stunden an der Hauptverhandlung) in Höhe von 108 EUR. Nach Beginn um 9.00 Uhr sei der Termin zwar erst um 15.00 Uhr beendet gewesen, jedoch müsse von der Gesamtdauer die zweistündige Mittagspause (12.35 Uhr bis 14.35 Uhr) abgezogen werden. Berücksichtigungsfähig sei daher nur eine Verhandlungsdauer von 4 Stunden.
Die gegen die Absetzung eingelegte Erinnerung der Verteidigerin hat die zuständige Strafkammer zurückgewiesen. Sie ist in Übereinstimmung mit dem Vertreter der Staatskasse der Auffassung, dass die zweistündige Verhandlungsunterbrechung außer Betracht zu bleiben habe, weil die ortsansässige Verteidigerin diese Zeit zu anderer Tätigkeit hätte nutzen können. Selbst bei Zubilligung einer – anderweitig nicht nutzbaren – Stunde Mittagspause wäre der Gebührentatbestand nicht erfüllt. Die Verhandlungsdauer hätte dann lediglich 5 Stunden, aber nicht, wie in Nr. 4116 VV-RVG vorausgesetzt, mehr als 5 Stunden betragen.
Gegen diesen ihr am 3. Januar 2006 zugestellten Beschluss hat die Verteidigerin am 15. Januar 2006 Beschwerde eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Dauer der Hauptverhandlung allein nach dem in der Terminsladung angesetzten Beginn und dem im Protokoll vermerkten Zeitpunkt der Beendigung der Verhandlung zu berechnen sei. In einer zweistündigen Verhandlungspause könne auch ein ortsansässiger Rechtsanwalt eine andere Tätigkeit nicht sinnvoll ausüben.
Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig. Es ist fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt worden (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG). Zwar wird der Beschwerdewert von 200,– EUR (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG) nicht überschritten, jedoch hat die Strafkammer in ihrem Beschluss die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage ausdrücklich zugelassen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 2 RVG).
Die Beschwerde ist auch begründet. Der gerichtlich bestellten Verteidigerin steht die geltend gemachte Zusatzgebühr gemäß Nr. 4116 VV-RVG zu. Sie hat im Termin vom 9. Mai 2005 länger als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen.
a) Zur Bestimmung der Hauptverhandlungsdauer enthält das Gesetz keine Regelung. Ausgehend von Sinn und Zweck der Zusatzgebühr, nämlich den besonderen, nach früherer Rechtslage und Rechtsprechung regelmäßig zur Bewilligung einer Pauschvergütung führenden Zeitaufwand eines gerichtlich bestellten Rechtsanwalts für die Teilnahme an der Hauptverhandlung angemessen zu vergüten, ist die Verhandlungsdauer der Zeitspanne zwischen dem gerichtlich verfügten Beginn und der in der Verhandlung angeordneten Schließung der Sitzung gleichzusetzen (vgl. Burhoff RVGreport 2006, 1, 2 m. w. N.). Verhandlungspausen werden grundsätzlich nicht abgezogen (KG Beschluss 3 Ws 59/05 vom 9.8.2005; OLG Stuttgart Beschluss 4 Ws 118/05 vom 8.8.2005; Burhoff a. a. O.; Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG, VV Teil 4 Abschnitt 1 Rdn 64).
Zwar finden in den Pausen eine Hauptverhandlung und damit auch eine Teilnahme des Verteidigers an ihr nicht statt. Darauf kommt es jedoch nicht an (Hartung/Rö-mermann, RVG, VV Teil 4 Rdn 80; anders OLG Bamberg Beschluss Ws 676/05 vom 13.9.2005). Entscheidend ist, dass der Verteidiger sich während der Terminszeit zur Verfügung halten muss und deswegen an einer anderweitigen Ausübung seines Berufs gehindert ist (Burhoff a. a. O., 3). Diese Auslegung wird gestützt durch den in der Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 VV-RVG niedergelegten Grundsatz. Danach erhält der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch dann, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Ist sogar der gänzliche Ausfall der Hauptverhandlung grundsätzlich gebührenrechtlich unerheblich, so muss das erst recht für Sitzungsunterbrechungen gelten (vgl. KG, OLG Stuttgart und Burhoff, jeweils a. a. O.). Denn auf solche Unterbrechungen hat der Verteidiger ebenfalls keinen entscheidenden Einfluss. Sie werden vom Vorsitzenden des Gerichts angeordnet. Dies...