Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Mutwilligkeit eines Antrages auf Regelung des Umgangsrechts ohne vorherige Inanspruchnahme von Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes
Leitsatz (amtlich)
Mutwilligkeit ist bei einem Antrag auf Regelung des Umgangsrechts nur dann anzunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass die nicht in Anspruch genommenen Vermittlungsbemühungen des Jugendamts in angemessener Zeit zum Erfolg geführt hätten.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Mainz (Beschluss vom 03.09.2008; Aktenzeichen 34 F 60/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - FamG - Mainz vom 3.9.2008 aufgehoben.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts, ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt.
Gründe
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde des Antragstellers ist auch begründet.
Der Senat geht davon aus, dass die sofortige Beschwerde sich nur auf die Verweigerung der Prozesskostenhilfe für das Hauptverfahren bezieht. Die Verweigerung der Prozesskostenhilfe bezüglich des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist nicht anfechtbar, § 620c ZPO. Für die Hauptsache war dem Antragsteller unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die Rechtsverfolgung des Antragstellers kann im vorliegenden Verfahren nicht mit der Begründung als mutwillig angesehen werden, dass er noch nicht die Möglichkeit ausgeschöpft habe, eine Umgangsregelung durch das Jugendamt vermitteln zu lassen. Ob dies zu einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe führen muss, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. Zöller, 27. Aufl., Rz. 31 zu § 114 ZPO). Die Auffassung, dass ein Antrag zur Regelung des Umgangsrechts nicht deswegen mutwillig ist, weil nicht vorher die Hilfe des Jugendamts in Anspruch genommen wurde, hat z.B. das OLG München, FamRZ 2008, 1089 vertreten. Das OLG München hat insbesondere auf einen möglicherweise nicht unerheblichen Zeitverlust in dem Fall hingewiesen, dass vorgeschaltete Vermittlungsbemühungen des Jugendamts scheitern.
Der Senat neigt dazu, Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung nur dann anzunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass Vermittlungsbemühungen des Jugendamts in angemessene Zeit zum Erfolg führen.
Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Das Verfahren ist immerhin bereits seit März 2008 anhängig. Das Jugendamt ist auch außergerichtlich mit den zwischen den Parteien bestehenden Problemen bezüglich des Sorge- und Umgangsrechts befasst. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Schreiben des Jugendamts und des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers (Bl. 4-7 d.A.). Daraus ergibt sich, dass das Jugendamt bereits seit Juni 2007 mit der Sache befasst ist, ohne eine Befriedung zwischen den Parteien herbeiführen zu können. Insbesondere wurde auch im letzten Schriftsatz vom 27.1.2009, der dem AG vor seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 6.2.2009 vorlag, mitgeteilt, dass es auch bezüglich des Umgangsrechts während der Weihnachtszeit zu Problemen gekommen sei, insbesondere auch zu gewalttätigen Übergriffen des Lebensgefährten der Antragsgegnerin, in die auch der Sohn Christopher der Parteien einbezogen worden sei. Weiterhin seien auch vereinbarte Besuchszeiten während der Woche nicht eingehalten worden.
Dies zeigt, dass der Antragsteller nicht auf die Vermittlung des Jugendamts verwiesen werden kann. Es muss ihm vielmehr möglich sein, das Umgangsrecht durch das Gericht regeln zu lassen, nachdem die Einschaltung des Jugendamts bisher jedenfalls nicht den erhofften Erfolg erbracht hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2147831 |
NJW 2009, 1425 |
FamRZ 2009, 1230 |
FPR 2009, 321 |
AGS 2009, 336 |
OLGR-West 2009, 406 |
Rafa-Z 2009, 10 |