Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Versäumung der Berufungsbegründungsfrist; Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Ausgangskontrolle
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2, § 233 S. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 30.09.2014) |
Tenor
1. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 30.09.2014 wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das LG hat durch Urteil vom 30.09.2014 festgestellt, dass eine von der Klägerin im Jahr 2006 vorgenommene Übertragung des Geschäftsanteils an einer GmbH in Höhe von 34.000,00 EUR unwirksam ist. Die Entscheidung ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 10.10.2014 zugestellt worden. Mit am 10.11.2014 bei dem OLG eingegangenem Schriftsatz haben die Beklagten Berufung eingelegt; unter dem 10.12.2014 ist die Berufungsbegründungsfrist antraggemäß verlängert worden bis zum 12.01.2015.
Mit Schriftsatz vom 13.01.2015, der am selben Tag vorab per Fax eingegangen ist, haben die Beklagten eine Berufungsbegründung vom 12.01.2015 vorgelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung beantragt mit der Begründung, die am 12.01.2015 fertiggestellte und an das OLG Koblenz korrekt adressierte Berufungsbegründung sei von einer Mitarbeiterin in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten versehentlich vorab per Telefax an das OLG Köln versandt worden, was ihrem Prozessbevollmächtigten erst am 13.01.2015 aufgefallen sei. Ihr Prozessbevollmächtigter habe der sonst zuverlässigen Mitarbeiterin die Anweisung gegeben, die Telefaxnummer des OLG Koblenz dessen Schreiben vom 13.11.2014 (Bl. 283 d.A.) zu entnehmen und die Berufungsbegründung fristwahrend vorab per Telefax an das OLG Koblenz zu senden. Sodann sei die Mitarbeiterin angewiesen worden, den Fax-Sendebericht auszudrucken und auf das Ergebnis "OK" sowie die Vollständigkeit der insgesamt 27 übermittelten Seiten zu prüfen. Zur Glaubhaftmachung dieser Angaben berufen sich die Beklagten auf die Ablichtung eines Fax-Sendeberichts vom 12.01.2014 und eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten (Bl. 284 f. d.A.) sowie auf die Kopie eines Fax-AuftrAGprotokolls des OLG Köln und das Schreiben einer Justizbeschäftigten beim OLG Köln vom 13.02.2015 (324 f. d.A.). Aus dem Fax-Sendebericht und dem hiermit korrespondierenden Exemplar der Berufungsbegründung vom 12.01.2015 ergibt sich, dass in deren Adressfeld unterhalb der Anschrift des OLG Koblenz der durch Unterstreichung hervorgehobene Zusatz enthalten ist "Vorab per Telefax: 0221-7711-600". Dabei handelt es sich um die Telefaxnummer des OLG Köln; die Telefaxnummer des OLG Koblenz lautet: 0261-102-2900.
Wegen des weiteren Vortrag der Parteien zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beklagtenseite vom 13.01., 23.02. und 23.03.2015 nebst Anlagen (Bl. 251 ff., 322 ff., 333 ff. d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.02.2015 (Bl. 315 ff. d.A.).
II. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist zurückzuweisen (nachfolgend 1.). Die Berufung der Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen (2.).
1. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Berufungsbegründungsfrist sind nicht erfüllt, denn die Beklagten waren nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (vgl. § 233 S. 1 ZPO). Die Fristversäumnis beruht auf einem Kontroll- und Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, das diesem nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
a) Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden (NJW 1995, 2105), dass sich ein Rechtsanwalt bei der Übermittlung eines fristgebundenen Antrag als Telekopie hinsichtlich der Richtigkeit der Telefaxnummer des Gerichts auf sein zuverlässiges Personal verlassen kann, weil sich die anwaltliche Prüfungspflicht nur auf die Richtigkeit der Bezeichnung des Gerichts i.S.d. § 518 Abs. 1 ZPO bezieht, nicht dagegen auf die richtige postalische Anschrift oder die richtige Wahl der Telefaxnummer, bei der es sich um eine einfache büromäßige Aufgabe ohne jeden rechtlichen Bezug handele, doch hat der Bundesgerichtshof auch entschieden (NJW 1994, 2300), dass einem beim OLG zugelassenen Rechtsanwalt im Fall der Verwendung eines Telefax die richtige Telefaxnummer dieses Gerichts zuverlässig bekannt sein muss; als ortsansässiger Anwalt muss er eine auf einem Schriftsatz an das örtliche OLG fehlerhaft angegebene Telefaxnummer als unrichtig erkennen. Auch wenn man berücksichtigt, dass diese ...