Leitsatz (amtlich)
1. Die weitere Beschwerde nach § 66 Abs. 4 GKG ist ein rechtsbeschwerdeähnliches Rechtsmittel. Das Oberlandesgericht prüft die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nur auf Rechtsfehler nach. Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erlässt das Beschwerdegericht nicht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung, sondern verweist die Sache zu neuer Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück.
2. Erinnerungs- und Beschwerdegericht haben eine umfassende Prüfungskompetenz hinsichtlich aller für den Kostenansatz wesentlichen Punkte. Sie haben die Kostenrechnung sowohl unter rechtlichen als auch tatsächlichen Gesichtspunkten ohne Bindung an die Auffassung des Kostenbeamten und der beteiligten Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden zu untersuchen.
3. Werden gegen die in Ansatz gebrachten Auslagen der Ermittlungsbehörde substantiierte Einwendungen erhoben, so muss sich das Beschwerdegericht im Einzelnen damit auseinandersetzen.
4. Eine von der Staatsanwaltschaft herangezogene Arzthelferin ist als Sachverständige zu entschädigen, wenn sie nicht nur eine Sichtung beschlagnahmter Unterlagen vorgenommen, sondern unter Einsatz geeigneter Rechenprogramme und ihres Fachwissens die ermittlungsrelevanten Tatsachen fest und zusammengestellt hat.
Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 15.12.2009; Aktenzeichen 5 Qs 36/09) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der 5. Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 15. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die 5. Strafkammer des Landgerichts Mainz zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. 1. Der Verurteilte ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Er war zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Von Anfang der 1990er Jahre bis zum 27. September 2000 handelte es sich um eine Gemeinschaftspraxis, die der Verurteilte gemeinsam mit seiner Ehefrau - wenn auch in getrennten Räumlichkeiten - führte. Seither handelt es sich um eine Einzelpraxis. Im Dezember 2005 verzichtete der Verurteilte auf seine Zulassung als Kassenarzt. Unterbrochen von einer kurzzeitigen Tätigkeit als angestellter Arzt arbeitet der Verurteilte seit 2006 ausschließlich privatärztlich.
Im April 1999 leitete die Staatsanwaltschaft Mainz ein Ermittlungsverfahren gegen den Verurteilten wegen des Verdachts des Abrechungsbetruges gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ... ein. Grundlage des Ermittlungsverfahrens war eine schriftliche Mitteilung der privat krankenversicherten Ehefrau eines gesetzlich Versicherten, wonach der Verurteilte ihr ärztliche Leistungen in Rechnung gestellt habe, obwohl sie selbst nie seine Patientin gewesen sei, sondern lediglich ihren Ehemann verschiedentlich zu therapeutischen Gesprächen begleitet habe. Mit den Ermittlungen war die Kriminalinspektion in W. betraut, die den Verurteilten zur Beschuldigtenvernehmung vorgeladen hatte, zu der er nicht erschien. Am 23. April 1999 bestellte sich erstmals ein Verteidiger für ihn. Nach dessen Mandatniederlegung war der Verurteilte ab dem 14. August 1999 durchgängig bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss durch einen anderen Verteidiger vertreten. Nach Sicherstellung der Abrechnungsunterlagen der Gemeinschaftspraxis bei der Kassenärztlichen Vereinigung ... im Januar 2000 wurden erstmals am 16. März 2000 die Praxis- und die Wohnräume des Verurteilten aufgrund richterlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse durchsucht und unter anderem 3.323 Patientenkarteien sichergestellt. Am selben Tag wurden die beiden in der Praxis tätigen Arzthelferinnen als Zeuginnen vernommen. Nachdem festgestellt worden war, dass die Kassenarztzulassung eine Gemeinschaftspraxis betraf, wurde das Ermittlungsverfahren am 5. April 2000 auf die Ehefrau des Verurteilten ausgedehnt.
Das Verfahren konzentrierte sich zunächst auf die Leistungsziffern (im Folgenden: LZ) 821 und 822 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (im Folgenden: EBM) und die Fragen der ordnungsgemäßen Abrechnung von Paar- bzw. Familienbehandlungen sowie Gruppentherapien (tatsächliche Gruppenstärke/abgerechnete Gruppenstärke) von Mitte der 1990er Jahre bis in das erste Quartal des Jahres 2000. Im Mai 2001 wurden die LZ 800, 820 und 860 EBM (möglicherweise fehlende Dokumentation) sowie die LZ 17, 19 und 21 EBM (mögliche Nichterfüllung der Leistungslegende) miteinbezogen. Nachdem bis Anfang 2002 keine konkreten Ermittlungsergebnisse von der Kriminalinspektion Worms vorgelegt worden waren, übertrug die Staatsanwaltschaft Mainz am 8. März 2002 dem Polizeipräsidium Mainz die weiteren Ermittlungen.
Am 20. Juni 2002 beauftragte die Staatsanwaltschaft die Arzthelferin P. als Sachverständige, anhand der Akten und Beweismittel "die vom Beschuldigten eingereichten Abrechnungsziffern zu überprüfen" (Bl. 468 d.A.). Mit Telefax vom 28. August 2003 legte die Kriminaldirektion Mainz - AG Gesundheitswesen - eine von P. erstellte, undatierte "Überprüfung und Au...