Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Prozesspflegers bei bestehender Vorsorgevollmacht
Leitsatz (amtlich)
Eine den Anforderungen des § 51 Abs. 3 ZPO entsprechende Vorsorgevollmacht gleicht im Vorsorgefall den Verlust der Prozessfähigkeit des Vollmachtgebers aus. Der Bevollmächtigte nimmt dann die Stellung eines gesetzlichen Vertreters ein. Für die Bestellung eines Prozesspflegers ist dann grundsätzlich kein Raum.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 17.03.2016; Aktenzeichen 9 O 63/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Koblenz vom 17.3.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO für die Beklagte zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Entscheidung des LG ist nicht zu beanstanden, da es an einer Grundlage für die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO fehlt.
a) Voraussetzung für die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO ist die (zumindest durch nicht ausräumbare Zweifel belegte) Prozessunfähigkeit des künftigen Beklagten und das Fehlen eines gesetzlichen Vertreters. Dieses allgemein anerkannte Erfordernis soll absichern, dass eine effektive Rechtsschutzgewährung nicht an der Vertretungslosigkeit des prozessunfähigen Gegners scheitern darf (vgl. MünchKomm-ZPO/Lindacher, 4. Aufl. 2013, § 57 Rn. 1). Die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 ZPO muss der Kläger darlegen und glaubhaft machen (MünchKomm-ZPO/Lindacher, a.a.O., Rn. 14).
Vorliegend hat der Kläger zwar unwidersprochen die Prozessunfähigkeit der Beklagten zu 1) sowie die bislang ausgebliebene Bestellung eines Betreuers angeführt. Allerdings geht er selbst von einer Vorsorgevollmacht des Beklagten zu 2) aus. Insoweit vernachlässigt er den Regelungsgehalt des § 51 Abs. 3 ZPO. Eine den dort genannten Anforderungen entsprechende Vorsorgevollmacht gleicht im Vorsorgefall den Verlust der Prozessfähigkeit des Vollmachtgebers aus (vgl. MünchKomm-ZPO/Lindacher, § 52 Rn. 20). Der Bevollmächtigte nimmt dann die Stellung eines gesetzlichen Vertreters ein (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1016, 1017; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 51 Rn. 13b). Auch bei einer Vollmacht nach § 51 Abs. 3 ZPO ist daher für die Bestellung eines Prozesspflegers kein Raum. Der Vortrag des Klägers verhält sich indes nicht dazu, ob die unstreitig dem Beklagten zu 2) erteilte Vorsorgevollmacht den Anforderungen des § 51 Abs. 3 ZPO entspricht. Dies geht zu Lasten des Klägers. Er hat ohne Bemühungen um eine nähere Sachaufklärung zur Prozessunfähigkeit und einer - letztlich nur aufgrund des Vorbringens des Beklagten zu 2) verneinten - Betreuungsanordnung bezüglich der Beklagten zu 1) den aus seiner Sicht einfachsten Weg eines Antrags nach § 57 Abs. 1 ZPO gewählt. Die Frage, ob eine Vertretung der Beklagten zu 1) aufgrund der Vorsorgevollmacht gewährleistet ist, hat er im Dunkeln gelassen. Es fehlt insoweit an Vortrag und Glaubhaftmachung. Bereits hieran scheitert sein Antrag nach § 57 Abs. 1 ZPO (Umkehrschluss zu BGH, FamRZ 2015, 1016, 1017).
b) Darüber hinaus hat das LG zutreffend darauf verwiesen, dass es an einer Gefahr im Verzug fehlt. Aus dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass er unvorhersehbar mit der Erforderlichkeit des Klageverfahrens konfrontiert war, also keine Zeit mehr bestand, eine Betreuung beim Betreuungsgericht anzuregen. Vielmehr offenbart der Vortrag der Beklagten durchaus Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger frühzeitig über die gesundheitliche Situation der Beklagten zu 1) in Kenntnis war, selbst rechtliche Schritte bezüglich seiner erbrechtlichen Stellung unternommen hat und daher - auch unter Berücksichtigung seiner Krankenhausaufenthalte - durchaus rechtzeitig die Vertretung der Beklagten zu 1) für den absehbaren Rechtsstreit abzuklären konnte, zumal Verzugszinsen in den Klageanträgen ab dem 19.12.2014 begehrt werden. Insofern fehlt es an hinreichendem Vortrag (und entsprechender Glaubhaftmachung) des Klägers, inwiefern eine nicht in seinen Verantwortungsbereich fallende Notsituation, in der Gefahr im Verzug anzunehmen ist, besteht.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 9489134 |
FamRZ 2016, 1864 |
ZEV 2016, 462 |
BtPrax 2016, 202 |