Leitsatz (amtlich)

1. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzuzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat. Übt der Dritte aber aufgrund eines Vertrags- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen (BGH v. 21.4.1993 - IV ZR 34/92, BGHZ 122, 250 [252 ff.] = MDR 1993, 957 = VersR 1993, 828 [829]; Urt. v. 10.7.1996 - IV ZR 287/95, MDR 1996, 1011 = VersR 1996, 1229 [1230] = NJW 1996, 2935 [2936]; OLG Koblenz, Urt. v. 20.11.1998 - 10 U 1428/97, NJW-RR 1999, 536 = NVersZ 1999, 482 = VersR 1999, 1231; v. 22.12.2000 - 10 U 508/00, OLGReport Koblenz 2001, 353 = NVersZ 2001, 325 = VersR 2001, 1507; Beschl. v. 16.10.2003 - 10 U 1117/02, OLGReport Koblenz 2004, 251 = VersR 2004, 642)

2. Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung kann von einer Übernahme der Risikoverwaltung für ein Hausanwesen nicht ausgegangen werden, wenn die pflegebedürftige und an einer Alzheimer-Erkrankung leidende Versicherungsnehmerin sich zeitweilig im Haushalt ihrer Tochter aufhält, andere Personen sich indes sich um das Hausanwesen der Versicherungsnehmer kümmern.

3. Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung setzt eine Gefahrerhöhung i.S.v. § 10 Ziff. 3b) VGB 88 voraus, dass sich die Gefahrenlage ggü. der Situation bei Vertragsschluss nachträglich verschlechtert hat. Das Leerstehenlassen eines Gebäudes begründet für sich allein noch keine Erhöhung der Brandgefahr, wenn nicht weitere Umstände hinzukommen. Eine Gefahrerhöhung kann zu bejahen sein, wenn durch Verwahrlosung des Gebäudes das Leerstehen offenbart wird.

 

Normenkette

VHB 84 § 1 Ziff. 1, § 13 Ziff. 3a)-c), § 10 Ziff. 3b); VGB 88 i.V.m. VVG §§ 23 ff.

 

Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 6 O 299/02)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 30.9.2004.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

 

Gründe

I. Die Kläger, eine Erbengemeinschaft, nehmen die Beklagte aus Wohngebäude- und Hausratsversicherung aufgrund eines Brandereignisses In Anspruch.

Die Mutter der Kläger war Eigentümerin des Hausgrundstückes in V. Am 25.10.2000 ereignete sich dort ein Wohnungsbrand. Die wegen Alzheimer-Krankheit pflegebedürftige Mutter der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt im Haus der Klägerin zu 1). Der Kläger zu 2) hielt sich ca. ½ Stunde vor Entdeckung des Brandes in dem versicherten Gebäude auf, um dort Gemüse aus der Tiefkühltruhe zu entnehmen. Gegen ihn wurde wegen Verdachts der Brandstiftung ein Ermittlungsverfahren geführt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde abgelehnt.

Die Kläger haben als Gesamthandsgläubiger die Beklagten auf Zahlung von 64.039,31 Euro nebst 1 % Zinsen unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % seit dem 25.10.2000 bis 4.2.2002 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.2.2002 in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht für das Brandereignis abgelehnt. Sie hat behauptet, der Kläger zu 2) habe den Brand vorsätzlich gelegt. Dies müssten sich die Kläger zurechnen lassen, weil der Kläger zu 2) Repräsentant der verstorbenen Mutter der Kläger gewesen sei. Er habe die Risikoverwaltung für das Gebäude übernommen. Dem stehe nicht entgegen, dass alle das Gebäude betreffenden vertraglichen Verwaltungshandlungen wie Zahlungen usw. von der Klägerin zu 1) erledigt worden seien. Da der Kläger zu 2) den Garten und das Haus gepflegt habe, habe er die tatsächliche Obhut über das Haus ausgeübt. Zur Begründung ihrer Leistungsfreiheit beruft sich die Beklagte ferner auf § 69 VVG. Dem Begehren der Kläger stehe der Arglisteinwand entgegen, weil der Kläger zu 2) das, was die Beklagte an die Kläger leiste, im Wege des Regresses wieder zurückgeben müsse. Außerdem sei Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung eingetreten. Da die Mutter der Kläger auf Dauer bei der Klägerin zu 1) gewohnt habe, habe das Haus nach außen einen unbewohnten Eindruck gemacht. Bezüglich des versicherten Hausrats beruft sich die Beklagte auf § 13 Ziff. 3b VHB 84, weil die versicherte Wohnung mehr als 60 Ta...

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