Leitsatz (amtlich)
1. Veräußert der Erbe erst 8 Jahre nach dem Erbfall eine - von ihm in der Zwischenzeit weiter genutzte - Immobilie in Spanien, kann er die beim Verkauf anfallende "Gewinnsteuer" nicht nachträglich als Passivposition bei der Berechnung des dem Pflichtteilsberechtigten zustehenden Pflichtteils geltend machen.
2. Ist bereits ein Notar mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragt, können die Kosten des Erben für die zusätzliche Einschaltung eines Rechtsanwaltes in der Regel bei der Pflichtteilsberechnung nicht nachlassmindernd in Ansatz gebracht werden.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 9 O 36/17) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21.08.2020, Az.: 9 O 36/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufungen nicht geboten ist.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.02.2021.
Gründe
Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung in erkanntem Umfang stattgeben und die Widerklage abgewiesen.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Klägerin, als Tochter des am 06.06.2008 verstorbenen N. D. (im Folgenden Erblasser genannt) ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/12 zusteht. Ausgehend von einem für die Berechnung des Pflichtteils maßgeblichen Wert von 500.901,51 EUR (314.545,20 EUR [Aktiva] - 10.893,69 EUR [Passiva] + 197.250,00 EUR [Pflichtteilergänzung]) hat das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung einen verbleibenden Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1.741,79 EUR ermittelt (41.741,79 EUR abzüglich bereits gezahlter 40.000,00 EUR). Dieses Ergebnis entspricht auch der Überzeugung des Senats.
Soweit die Parteien in der Berufungsinstanz die Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Aktiva und Passiva weiter in Frage stellen, gilt hierzu Folgendes.
"Spanische Immobilie"
Auch nach der Überzeugung des Senats ist die von der Beklagten behauptete "Gewinnsteuer" im Zusammenhang mit der Veräußerung der Immobilie in Spanien nicht bei den Passiva zu berücksichtigen.
Der Beklagten ist allerdings insoweit zuzustimmen, dass Rechte und Verbindlichkeiten (wie z. B. die hier in Rede stehenden Steuern), die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind, dann bei der Feststellung des Wertes des Nachlasses zu berücksichtigen sind, wenn die Bedingung (später) eintritt (§ 2313 Abs. 1 BGB). Eine solche nachträgliche Berücksichtigung kann dann gemäß der weiter zutreffenden Auffassung des Beklagten auch dazu führen, dass auf Seiten des Pflichtteilsberechtigten eine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich des zuviel Erhaltenen entstehen kann (Palandt/Weidlich, BGB, 80. Auflage, § 2313 Rdnr. 4).
Eine solche, eine Rückzahlungsverpflichtung auslösende "Situation" ist nach der Überzeugung des Senats vorliegend aber nicht gegeben. Entscheidend ist hierbei, dass der eigentliche Wert der ererbten Immobilie in Spanien nicht ausschließlich durch die Veräußerung der Immobilie, sondern sogar vorrangig durch deren weitere Nutzung realisierbar war. Eine solche Realisierung hat vorliegend durch die Beklagte in Gestalt der weiteren Nutzung der Immobilie über einen Zeitraum von mehreren Jahren stattgefunden. Die Beklagte hat sich erst im Jahre 2016, und somit acht Jahre nach dem Tod des Erblassers, zu der Veräußerung der Immobilie in Spanien entschlossen. Dies ist nach der Überzeugung des Senats mit den Fällen, in denen der Erblasser den Verkauf (im Testament) aufgegeben hat, sich im Erbfall automatisch stille Reserven realisieren (und daher zwingend zu versteuern sind), oder auch nur eine faktisch zwingende Veräußerung erfolgen muss, in keiner Weise zu vergleichen (siehe insoweit auch Palandt/Weidlich, BGB, 80. Auflage, § 2312 Rdnr. 5; Damrau/Riedel, Praxiskommentar Erbrecht, § 2311 Rdnr. 100). Im Ergebnis stellt sich die Sache vielmehr so dar, dass die Immobilie tatsächlich von der Beklagten aus freien Stücken und eben nicht auf Veranlassung des Erblassers veräußert worden ist und es sich letztlich bei der, bei der Beklagten aufgrund dieser Maßnahme entstandenen Steuerverbindlichkeit, die auch im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 29.09.2020 (Berufungsbegründung) wiederum als "Spanische Gewinnsteuer" bezeichnet wird, um eine Steuerverbindlichkeit der Beklagten handelt (vergleichbar: BGH IV ZR 114/70, Urteil vom 26.04.1972, juris). Eine Nachlassverbindlichkeit ist damit in der "spanischen Gewinnsteuer" nicht zu sehen. (Die Angemessenheit dieses Ergebnisses bestätigt sich auch darin, dass der Beklagten durch die Nichtberücksichtigung de...