Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vorschussanspruch des Patienten zur Beseitigung von Zahnmängeln; kein Erstattungsanspruch bei versäumtem Nacherfüllungsverlangen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Da eine § 637 Abs. 3 BGB entsprechende Vorschrift dem Recht des Dienstvertrages fremd ist, steht dem Patient kein Anspruch auf Kostenvorschuss für die anderweitig geplante Revisionsbehandlung zu.

2. Lässt der Patient einen Mangel durch einen anderen Zahnarzt beseitigen, ohne dem erstbehandelnden Arzt zuvor ergebnislos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er nicht gem. § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) die Erstattung der vom zuerst tätigen Arzt ersparten Aufwendungen für die Mangelbeseitigung verlangen.

3. Seinen Honoraranspruch verliert der Arzt nur dann, wenn seine Leistung derart unbrauchbar ist, dass sie der völligen Nichtleistung gleichsteht (hier verneint).

 

Normenkette

BGB §§ 281, 323, 325-326, 611, 637, § 812 ff.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 10 O 129/08)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit ...wegen Zahnarzthaftung weist der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz die Klägerin darauf hin, dass beabsichtigt ist, ihre Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).

 

Gründe

Die Berufung ist ohne Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das ergibt sich - ungeachtet der Erwägungen des LG zum Beweisergebnis - weithin bereits aus Rechtsgründen.

Im Einzelnen:

1. Die Klägerin verlangt 10.133,59 EUR als Vorschuss auf zu erwartende "Restitutionskosten" für eine umfassende Neuversorgung des linken Oberkiefers (Behandlungsplan vom 14.4.2008 - Anlage K 4 zur Klageschrift - Bl. 8/9 GA).

Insoweit ist die Klage unschlüssig. Beim Zahnbehandlungsvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag. Dem Recht des Dienstvertrages ist eine § 637 Abs. 3 BGB entsprechende Vorschrift (Vorschussanspruch) fremd.

Für das Begehren der Klägerin gibt es auch in den allgemeinen Vorschriften des BGB keine Rechtsgrundlage. Bei nicht vertragsgemäßer Leistung kann der Gläubiger erst dann zurücktreten und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§§ 323, 325, 281 BGB), wenn er zuvor dem Schuldner ergebnislos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.

Das behauptet die Klägerin nicht. Unstreitig stellte sie sich nach der Behandlung im März 2006 erst ein Jahr später wieder bei der Beklagten vor. Ein Nacherfüllungs- verlangen war damit nicht verbunden. Stattdessen ließ die Klägerin sich 2007 alsbald anderweitig behandeln. Die dadurch veranlassten konkreten Kosten sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Vorsorglich ist gleichwohl darauf hinzuweisen, dass dem Gläubiger, der den gesetzlich vorgesehenen Nachbesserungsweg nicht beschreitet, wegen der anderweitig entstanden Nachbesserungskosten ein Ersatzanspruch gegen den Schuldner (hier: die Beklagte) nicht zusteht. Derartiges wird zwar in der Literatur vereinzelt vertreten. Der BGH hat diese Rechtsansicht jedoch verworfen. Lässt der Gläubiger (hier: die Klägerin) einen Mangel durch Dritte beseitigen, ohne dem Schuldner zuvor ergebnislos eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er nicht gem. § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) die Erstattung der vom Schuldner ersparten Aufwendungen für die Mangelbeseitigung verlangen. Zur näheren Begründung verweist der Senat statt Wiederholung auf die überzeugenden Erwägungen der in BGHZ 162, 219 - 230 abgedruckten Entscheidung des BGH. Es besteht kein Anlass, davon abzuweichen (ständige Senatsrechtsprechung - Beschl. v. 26.2.2008 - 5 U 1525/07).

Letztlich erschließt sich dem Senat auch nicht, warum die Klägerin, die unstreitig gesetzlich krankenversichert ist (Anlage K 2 zur Klageschrift - Bl. 5 GA), die Zahlung des begehrten Vorschusses an sich persönlich statt an die DAK als den tatsächlichen Kostenträger begehrt.

2. Die Klägerin beantragt die Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 5000 EUR mit der Behauptung, die von der Beklagten vorgenommene prothetische Teilversorgung sei auf einem nicht tragfähigen bzw. nicht erhaltungswürdigen Status und damit völlig überflüssig erfolgt.

Das LG hat sich insoweit um eine Sachaufklärung bemüht. Das Sachverständigengutachten und die Befragung der Zeuginnen hat dem LG die Überzeugung vermittelt, dass die Beklagte bei ihren Maßnahmen im März 2006 einen Zahnstatus vorfand, der den gewählten Behandlungsweg vertretbar erscheinen ließ.

Das ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Die Berufung rügt zwar zu Recht, dass die Dokumentation des Status und der Behandlungsplanung völlig unzureichend ist. Derartige ärztliche Versäumnisse ergeben aber keine selbständige Anspruchsgrundlage. Sie können vielmehr nur zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr führen.

Diese Frage stellt sich hier aber nicht, da die Dokumentationslücken auch nach Auffassung des Senats durch das sonstige Beweisergebnis geschlossen sind.

Soweit die Berufung für ihre gegenteilige Ansicht nachbehandelnde Zahnärzte benennt, ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf der D...

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