Normenkette
FamGKG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 29.04.2013; Aktenzeichen 201 F 175/13) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird das AG angewiesen, die Zustellung des Antrags nur von der Zahlung einer Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen bei einem Verfahrenswert von 3.000 EUR abhängig zu machen.
2. Der vorläufige Verfahrenswert wird anderweitig in Abänderung des Beschusses des AG vom 29.4.2013 auf 3.000 EUR festgesetzt.
3. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Sie sind Miteigentümer der Immobilie ... [A], die die Antragsgegnerin nach dem Auszug des Antragstellers alleine mit den gemeinschaftlichen Kindern bewohnt.
Mit seinem am 25.4.2013 eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller eine monatliche Nutzungsentschädigung ab Mai 2013 i.H.v. 450 EUR, sowie rückständige Nutzungsentschädigung von Oktober 2012 bis einschließlich April 2013 i.H.v. insgesamt 3.050 EUR nebst Zinsen.
Durch Beschluss vom 29.4.2013 setzte das AG den Verfahrenswert vorläufig auf 8.450 EUR fest. Ausgehend von diesem Wert forderte der Kostenbeamte vom Antragsteller einen Vorschuss i.H.v. 543 EUR an.
Der Antragsteller legte daraufhin "gegen den Verfahrenswertbeschluss" "Erinnerung" ein. Der Verfahrenswert sei nach § 48 Abs. 2 FamGKG zu bemessen und nicht nach § 51 FamGKG.
Das AG fasste die Erinnerung als Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 Fam GKG auf und half ihr nicht ab. Es handele sich zwar um eine Ehewohnungssache. Der Streitwert sei gleichwohl - dem Rechtsgedanken des § 9 ZPO i.V.m. § 51 FamGKG folgend - festzusetzen.
II. Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamGKG zulässig. Mit der Beschwerde kann geltend gemacht werden, es sei ein zu hoher Kostenvorschuss angefordert worden. In diesem Sinne hat das AG die Beschwerde aufgefasst; das ist zutreffend.
Es handelt sich vorliegend um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Hier wird nämlich eine Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB geltend gemacht. Für Ehewohnungssachen bestimmt § 48 FamGKG den regelmäßigen Streitwert, wenn die Eheleute getrennt leben, wie hier, mit 3.000 EUR. § 48 Abs. 3 FamGKG erlaubt die Festsetzung eines höheren oder eines niedrigeren Wertes, wenn der Regelwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.
Der Senat ist nicht der Auffassung, im Hinblick darauf, dass es hier auch eine Regelung nach § 745 Abs. 2 BGB gehe, liege keine Ehewohnungssache vor. § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB findet auch dann Anwendung, wenn ein Ehegatte die im Miteigentum stehende Wohnung nach seinem Auszug dem anderen Ehegatten freiwillig überlässt. Nach dem Wortlaut wird die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung nicht davon abhängig gemacht, dass aufgrund eines Verfahrens nach § 1361b BGB ein Räumungstitel besteht (so auch Palandt/Brudermüller BGB, 72. Aufl. Rz. 20 zu § 1631b, Gerhardt in HB Fa FamR, 9. Aufl. 6. Kapitel Rz. 98, m.w.N., Weber Monecke in MÜKO BGB, 6. Aufl. Rz. 17 zu § 1361b, m.w.N., unentschieden Neumann in BOK- BGB, Rz. 14 zu § 1361b).
Davon geht auch das AG aus, es hat aber unter Berufung auf § 48 Abs. 3 FamGKG den Wert entsprechend § 9 ZPO höher festgesetzt, nämlich analog der für den Unterhalt getroffenen Regelung des § 51 FamGKG (zwölffacher Monatsbetrag zzgl. Rückstände).
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Daraus, dass für Ehewohnungssachen generell ein Regelstreitwert von - hier - 3000 EUR vorgegeben wird, ergibt sich, dass damit auch Verfahren über Nutzungsentschädigung gemeint sind. Nach der vom AG vertretenen Auffassung wird diese Regelung, soweit Nutzungsentschädigung verlangt wird, in ihr Gegenteil verkehrt und sozusagen als Regelausnahme nach § 48 Abs. 3 FamGKG angesehen. Ehewohnungssachen, in denen eine Nutzungsentschädigung begehrt wird, unterfielen dann immer § 48 Abs. 3 FamGKG. Eine derartige Intention kann dem Gesetzgeber, der ja diese Festwerte mit dem FamGKG neu eingeführt hat, kaum unterstellt werden (in diesem Sinne auch OLG Hamm, Beschluss vom 8.1.2013 6 UF 96/12 - juris, m. ablehnender Anmerkung von Poppen in FamFR 2013, 254, soweit dies auch für - hier nicht in Rede stehende - Ansprüche nach der Scheidung gelten soll, OLG Bamberg, Beschluss vom 10.2.2011, FamRZ 2011 1424).
Auch aus Wertungsgesichtspunkten besteht kein Anlass, Verfahren, in denen es um Nutzungsentschädigung geht, höher zu bewerten (eine niedrigere Bewertung käme nur in Betracht, wenn es um relativ kurze Zeiträume oder einen sehr niedrigen Nutzwert geht). Denn der Wert der Nutzung und die mögliche Entschädigung entsprechen einander regelmäßig. Warum dann das eine mit einem Fixbetrag bewertet werden soll, da andere aber nicht, ist nicht ersichtlich.
Deshalb kann hier ein Vorschuss nur ausgehend von einem Wert von 3.000 angefordert werden. Zugleich ist der Verfahrenswert nach § 55 Abs. 3 FamGKG anderweitig auf 3.000 EUR festzusetzen.
Fundstellen
FuR 2013, 666 |
AGS 2013, 287 |
FF 2013, 380 |
FamFR 2013, 354 |
NJW-Spezial 2013, 412 |