Leitsatz (amtlich)
Eine - infolge unterlassener gerichtlicher Regelung zu Tag, Ort und Zeit des Umgangs - nicht vollstreckungsfähige Umgangsregelung stellt eine unzulässige Teilentscheidung iSd. § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG dar.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 3; FamFG § 69 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Westerburg (Aktenzeichen 43 F 69/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird Ziffer 3 des Teilbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Westerburg vom 02.06.2022, Aktenzeichen 43 F 69/21, aufgehoben und das Verfahren insoweit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Westerburg zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Eltern der minderjährigen Kinder Z., geboren am ... 2018, und L., geboren am ... 2021, welche im Haushalt der Antragsgegnerin leben.
Es steht der Vorwurf der Vergewaltigung der Antragsgegnerin durch den Antragsteller im Raum. Das entsprechende Ermittlungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen 2070 Js 53165/21 bei der Staatsanwaltschaft Koblenz geführt und ist noch nicht abgeschlossen.
Die Antragsgegnerin befindet sich wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in psychotherapeutischer Behandlung, welche sie auf die von ihr zur Anzeige gebrachte Vergewaltigung zurückführt.
Mit Teilbeschluss vom 08.12.2021 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Westerburg den Umgang des Antragstellers mit dem Kind Z. geregelt, während im Hinblick auf das Alter von L. von einer Umgangsregelung abgesehen wurde. Dem Antragsteller wurde das Recht eingeräumt, Z. alle vier Wochen Freitagnachmittags zwischen 14 und 17 Uhr im Rahmen eines begleiteten Umgangs zu sehen, wobei die Umgangspflegschaft ursprünglich bis zum 23.07.2022 befristet war.
Das Familiengericht hat parallel hierzu am 12.01.2022 die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens zur Erziehungsfähigkeit der Eltern und zur künftigen Umgangsregelung angeordnet. Die beauftragte Sachverständige Dipl. Psych. Dr. jur. B. hat angekündigt, das Gutachten bis spätestens Ende September 2022 vorzulegen. Ebenso wurde durch weiteren Beweisbeschluss vom 12.01.2022 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Zö. beauftragt, um abzuklären, ob das Wohl der Kinder durch eine psychische Erkrankung des Antragstellers gefährdet werde. Auch dieses Gutachten liegt bislang noch nicht vor.
Mit dem angefochtenen Teilbeschluss hat das Familiengericht die Umgangspflegschaft um ein weiteres halbes Jahr, bis zum 23.01.2023, verlängert und unter Ziffer 3 zusätzlich angeordnet:
"Der Antragsteller ist berechtigt, mit dem Kind Z. beginnend mit dem 03.07.2022 einmal wöchentlich telefonischen Kontakt aufzunehmen. Regelungen hinsichtlich Dauer, Wochentag und Uhrzeit werden nach Weisung der Umgangspflegerin vorgenommen."
Gegen diese Regelung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 21.06.2022 eingereichten und begründeten Beschwerde.
Sie macht geltend, dass ihre mit Schriftsatz vom 02.06.2022 geäußerten Bedenken bezüglich der Durchführung derartiger Telefonkontakte nicht berücksichtigt worden seien. Ihr sei es aufgrund des Vorgefallenen unzumutbar, solche Telefonkontakte persönlich zu begleiten. Das Kind sei altersbedingt noch nicht in der Lage, selbständige Telefonate zu führen und auch das Jugendamt habe bereits mitgeteilt, dass es derartige Kontakte personell nicht begleiten könne. Der Beschluss sei mithin in der getroffenen Form nicht umsetzbar.
Der Verfahrensbeistand und der Antragsteller des betroffenen Kindes verteidigen die angefochtene Entscheidung. Die wöchentlichen Telefonkontakte seien geeignet, dem Bedürfnis des Kindes nach häufigerem Kontakt mit dem Vater Rechnung zu tragen.
Das Jugendamt hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II. Die nach §§ 58 ff FamFG statthafte und zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat einen vorläufigen Erfolg, denn die beanstandete Umgangsregelung ist zu unbestimmt und hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Sie war daher auf formellen Gründen aufzuheben und das Verfahren insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen.
Es liegt hier nämlich bezüglich der Telefonkontakte eine unzulässige Teilentscheidung vor, die nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG auch ohne einen entsprechenden Antrag die Aufhebung und Zurückverweisung an das Familiengericht ermöglicht.
Unterlässt das Familiengericht in einem Beschluss in einer Umgangssache unter Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot eine vollstreckungsfähige Regelung zu Tag, Ort und Zeit des Umgangs (vgl. BGH FamRZ 2012, 533 Rn. 18 m. w .Nachw.), so trifft es eine unzulässige Teilentscheidung (§ 69 Abs. 1 Satz 2 F...