Leitsatz (amtlich)
1. Eine Versagung des Umgangs eines Elternteils mit dem Kinde ist nur dann zulässig, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre und dem durch andere Maßnahmen zur Regelung des Umgangs nicht wirksam begegnet werden könnte.
2. Im Rahmen der danach gebotenen Abwägung ist auch je nach Reife und Verständnis der Wille des Kindes zu beachten. Dabei ist jedenfalls ab einem Alter von 14 Jahren eine den Umgang überhaupt ablehnende Willenshaltung zumindest sehr ernsthaft mit zu berücksichtigen, wenn für die Ablehnung subjektiv verständliche Beweggründe vorgebracht werden.
3. Entspringt die Ablehnung des Kindes seinem wahren Willen, so kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob dieser Wille durch eine ungewollte Weitergabe der eigenen ablehnenden Einstellung des anderen Elternteils oder gar durch dessen gezielte Beeinflussung entwickelt worden ist.
Normenkette
BGB § 1626 Abs. 3 S. 1, § 1684 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
AG Trier (Beschluss vom 15.11.2017; Aktenzeichen 37 F 15/17) |
Tenor
1.) Der auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 15. November 2017 gerichtete Antrag des Antragstellers vom 21. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
2.) Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der hier zur Entscheidung stehende Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Denn die beabsichtigte Beschwerde bietet nach dem aktuellen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Amtsgericht hat vielmehr zu Recht und mit zutreffender Begründung sowohl den auf Regelung des Umgangs mit seiner Tochter gerichteten Antrag des Antragstellers zurückgewiesen als auch das entsprechende Umgangsrecht für die Dauer eines Jahres ausgeschlossen.
Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB hat jedes Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Dieses Umgangsrecht kann nach § 1684 Abs. 4 BGB nur insoweit eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, als dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
In der Regel ist davon auszugehen, dass es dem Kindeswohl entspricht, persönlichen Umgang mit beiden Elternteilen zu haben, § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB. Der Umgang ist Ausdruck der verwandtschaftlichen bzw. familiären Bindungen, die auch zu einem Elternteil bestehen, bei dem das Kind nicht lebt (vgl. OLG Koblenz, FamRZ 2014, 2010, 2011) und dem das Recht der elterlichen Sorge für das Kind nicht zusteht (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1287, 1289, Rdnr. 74). Dem Wohl des Kindes kommt es auch insoweit grundsätzlich zugute, wenn es durch Umgang mit seinen Eltern die Möglichkeit erhält, seinen Vater und seine Mutter kennenzulernen, mit ihnen vertraut zu werden oder eine persönliche Beziehung zu ihnen mit Hilfe des Umgangs fortsetzen zu können (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 75). In der Kommunikation mit seinen Eltern kann das Kind Zuneigung erfahren, von diesen lernen und Impulse wie Ratschläge erhalten, was ihm Orientierung gibt, zu seiner Meinungsbildung beiträgt und ihm dazu verhilft, sich zu einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Persönlichkeit zu entwickeln (vgl. BVerfG, a.a.O.). Andererseits ist für den nicht betreuenden und/oder nicht sorgeberechtigten Elternteil ein regelmäßiger Umgang ebenfalls von Bedeutung, um sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, NJW 2007, 1266, 1267, Rdnr. 12, m.w.N.; 1971, 1447, 1448; OLG Koblenz, FamRZ 2014, 2010, 2011; KG, Beschluss vom 14. November 2012 - 13 UF 141/12 -, BeckRS 2013, 07878; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 436, 436; OLG Brandenburg, NJW-RR 2010, 301, 301, m.w.N.; OLG Hamburg, FamRZ 2008, 1372, 1373). Das Umgangsrecht ist gem. Art. 6 Abs. 2 GG ebenso geschützt wie das Elternrecht des betreuenden Elternteils (vgl. BVerfG, NJW 2007, a.a.O.; OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Saarbrücken, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.). Eine Versagung des Umgangs ist nur dann zulässig, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre und dem durch andere Maßnahmen zur Regelung des Umgangs nicht wirksam begegnet werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. August 2005 - 1 BvR 776/05 -, BeckRS 2005, 33144; OLG Koblenz, a.a.O.; KG, a.a.O.; OLG Saarbrücken, a.a.O., 436 f.).
Im Rahmen der danach gebotenen Abwägung ist auch je nach Reife und Verständnis der Wille des Kindes zu beachten (vgl. BVerfG, NJW-RR 2005, 801, 801; OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Saarbrücken, a.a.O., 437). Denn die eigene Willensbildung ist Ausdruck der Individualität und Persönlichkeit des Kindes, die ihrerseits dem grundrechtlichen Schutz der Art. 1 und 2 GG unterliegen (vgl. OLG ...