Entscheidungsstichwort (Thema)

Differenzgebühren bei Mehrvergleich nach Bewilligung von VKH

 

Normenkette

ZPO §§ 114, § 144 ff.; FamFG §§ 76-77; RVG § 48 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Beschluss vom 10.03.2014; Aktenzeichen 19 F 408/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG Koblenz gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Neuwied vom 10.3.2014 wird dieser aufgehoben.

Auf die Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem LG Koblenz wird die Kostenfestsetzung des AG - Familiengericht - Neuwied vom 9.1.2014 abgeändert und die der beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten werden auf 963,90 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Zwischen den beteiligten Eheleuten war vor dem AG - Familiengericht - Neuwied ein Gewaltschutzverfahren anhängig. Dieses wurde im Termin am 10.12.2013 durch gerichtlichen Vergleich zum Abschluss gebracht. Zusätzlich beinhaltet der Vergleich diverse Regelungen zur Vermögensauseinandersetzung. Der Verfahrenswert wurde vom Familiengericht mit 1.500 EUR für das Verfahren und 14.500 EUR für den Vergleich festgesetzt.

Ebenfalls am 10.12.2013 wurde der Antragstellerin mit Beschluss des AG - Familiengericht - Neuwied vom 10.12.2013 "Verfahrenskostenhilfe ... für Verfahren und Vergleich bewilligt." Hierauf hat die der Antragstellerin beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte beantragt, ihr aus der Staatskasse zu erstattende Kosten i.H.v. 1.583,66 EUR festzusetzen. Darin enthalten waren u.a. eine Differenzverfahrensgebühr und eine Terminsgebühr jeweils aus dem vollen Vergleichswert.

Die Rechtspflegerin hat die Festsetzung antragsgemäß vorgenommen. Die hiergegen erhobene Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem LG Koblenz hat das AG - Familiengericht - Neuwied mit Beschluss vom 10.3.2014 zurückgewiesen und die gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde nach Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Das Familiengericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Antragstellerin auch für den über den Verfahrensantrag hinausgehenden Regelungsgehalt uneingeschränkt Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Ansicht, dass die Beiordnung für den Vergleich außerhalb des Sonderfalls des § 48 Abs. 3 RVG lediglich zur Folge habe, dass dem beigeordneten Rechtsanwalt aus dem Vergleichsmehrwert die Einigungsgebühr zu erstatten sei, nicht aber eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom heutigen Tage wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat zur Entscheidung übertragen.

II. Die nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG entscheidet der Senat dabei in voller Besetzung.

Gemäß §§ 45 ff. RVG waren die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten nur auf 963,90 EUR festzusetzen. Denn die vorliegende Verfahrenskostenhilfebewilligung mit Beschluss vom 10.12.2013 hat nicht zur Folge, dass der der Antragstellerin beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten aus der Staatskasse in Bezug auf den Mehrvergleich auch eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr zu erstatten ist.

1. In welchem Umfang einem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs eine Vergütung gegen die Staatskasse zusteht, ist umstritten (vgl. den Meinungsstand zusammenfassend OLG Bamberg FamRZ 2011, 1605 und OLG Köln AGS 2013, 350).

a) Ausgangspunkt für die Frage des Umfangs der Kostenerstattung aus der Staatskasse ist die Vorschrift des § 48 Abs. 1 RVG.

Danach richtet sich der Vergütungsanspruch des im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts nach dem Beschluss, durch den Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts an einem Vergleichsabschluss in einem Gerichtstermin löst hinsichtlich des Mehrvergleichs neben der Einigungsgebühr gemäß KV RVG Nr. 3101 und 3104 auch eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr aus. Die Frage nach der Erstattungsfähigkeit - zweifelsfrei angefallener - Gebühren aus der Staatskasse ist daher in erster Linie eine solche nach der Auslegung des Bewilligungsbeschlusses.

Hiernach unterliegt es zunächst keinem Zweifel, dass das Gericht berechtigt ist, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auf alle mit dem Vergleichsschluss zusammenhängende Gebühren (also auch die Verfahrens- und die Einigungsgebühr) zu erstrecken und sowohl das Ausgangsgericht als auch das Rechtsmittelgericht im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 48 Abs. 1 RVG an eine solche umfassende Bewilligung und Beiordnung gebunden sind.

b) Vorliegend beinhaltet der Verfahrenskostenhilfe für den Mehrvergleich bewilligende Beschl. v. 10.12.2013 - wie in der Praxis üblich - weder eine ausdrückliche Erstreckung auf alle insoweit anfallenden Anwaltsgebühren noch eine entsprechende Einschränkung auf die bloße Einigungs...

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