Leitsatz (amtlich)
Die für das vereinfachte Unterhaltsverfahren gewährte Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich nach einem Übergang nicht auch auf das streitige Verfahren.
Normenkette
FamFG § 255; RVG § 17 Nr. 3; ZPO § 119 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Koblenz (Aktenzeichen 201 F 226/19) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 28.10.2019 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 14.03.2019 ist dem Antragsgegner zu dem Aktenzeichen 186 FH 8/19 "wegen vereinfachtem Unterhaltsverfahren" durch die zuständige Rechtspflegerin für den ersten Rechtszug ab Antragstellung antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K... bewilligt worden.
Mit Antrag vom 02.08.2019 hat die Antragstellerin den Übergang in das streitige Verfahren beantragt. Dieses ist zu dem Aktenzeichen 201 F 226/19 geführt und am 06.09.2019 vergleichsweise beendet worden.
Der Antrag des Verfahrensbevollmächtigten auf Festsetzung der Vergütung für das streitige Verfahren ist mit Beschluss vom 27.09.2019 mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass für das streitige Verfahren Verfahrenskostenhilfe weder beantragt noch bewilligt worden sei und sich bereits aus § 17 Nr. 3 RVG ergebe, dass das vereinfachte Verfahren und das anschließend streitige Verfahren verschiedene Angelegenheiten seien. Außerdem hätte das jeweils funktionell zuständige Organ insbesondere über die Erfolgsaussichten selbst zu befinden.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Erinnerung ist nach einer Nichtabhilfeentscheidung durch die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 28.10.2019 durch das Familiengericht zurückgewiesen worden.
Mit der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde verfolgt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners sein Ziel, dem Vergütungsantrag vom 16.09.2019 zu entsprechen, weiter. Zur Begründung trägt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners vor, dass lediglich auf entsprechende Einwendungen des Antragsgegners das vereinfachte Verfahren in das streitige Verfahren überführt worden sei und es sich insoweit um dasselbe Verfahren handele. Es seien keine neuen Anträge bzw. Klagen eingereicht worden. Die bewilligte Verfahrenskostenhilfe habe sich auf den ersten Rechtszug bezogen und dieser sei auch erst mit dem Vergleich beendet worden.
II. Die gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 RVG statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die 2-Wochenfrist gewahrt und auch der erforderliche Beschwerdewert von 200,00 EUR erreicht, §§ 56 Abs. 2 S. 1 iVm. § 33 Abs. 3 RVG. Sie ist jedoch ohne Erfolg.
Denn die bewilligte Verfahrenskostenhilfe ist nur für das vereinfachte Unterhaltsverfahren, nicht aber für das streitige Verfahren beantragt und mit Beschluss vom 14.03.2019 bewilligt worden, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 119 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Begriff des Rechtszuges ist, da es sich bei S. 1 um eine Kostenvorschrift handelt, kostenrechtlich iSv. § 35 GKG zu verstehen und zum einen als Instanz auszulegen, §§ 35 GKG, 29 FamGKG. (OLG Düsseldorf, FamRZ 2006, 628; Poller/Härtl/Köpf, Gesamtes Kostenhilferecht, 3. Auflage, 2018, § 119 ZPO Rn. 3). Als Rechtszug ist aber neben der Instanz auch jeder kostenträchtige Verfahrensabschnitt anzusehen, für den es einen eigenständigen Gebührentatbestand gibt, die Durchführung des Verfahrensabschnitts einer eigenen Zulässigkeitsprüfung bedarf und mit den übrigen Abschnitten nicht in untrennbarem Zusammenhang steht. Das vereinfachte Unterhaltsverfahren löst einen eigenen Gebührentatbestand aus, wie sich dies aus § 17 Ziff. 3 RVG ergibt, die Zulässigkeitsvoraussetzungen von vereinfachtem Unterhaltsverfahren (§ 249 FamFG) und streitigem Verfahren (Anwaltszwang) unterscheiden sich und das vereinfachte Verfahren wie auch das streitige Unterhaltsverfahren können unabhängig voneinander geführt werden, dh. stehen in keinem untrennbarem Zusammenhang. Auch aus der Formulierung in dem Beschluss vom 14.03.2019 "dem Antragsgegner wird für den ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe .... bewilligt" kann nicht entnommen werden, dass die gewährte Verfahrenskostenhilfe sich auch auf ein sich etwaig anschließendes streitiges Verfahren erstreckt. Denn sowohl das Aktenzeichen 186 FH 8/19 als auch der Betreff des Beschlusses "wegen vereinfachtem Unterhaltsverfahren" weisen ausdrücklich auf das vereinfachte Unterhaltsverfahren hin. Außerdem werden vereinfachtes Unterhaltsverfahren und streitiges Verfahren und die jeweiligen Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe von dem jeweils funktionell zuständigen Organ (Rechtspfleger/Richter) beschieden.
Fundstellen
FamRZ 2020, 1024 |
AGS 2020, 200 |
NZFam 2020, 263 |