Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenhaftung einer GmbH für vollmachtlos geführten Prozess
Leitsatz (amtlich)
Reicht ein nicht bevollmächtigter Rechtsanwalt eine Klage ein, wird die von ihm als Klägerin bezeichnete Partei gleichwohl Schuldnerin der Gerichtskosten, sofern sie von dem Rechtsstreit Kenntnis hatte und in der Lage war, das Verfahren zu verhindern.
Normenkette
GKG § 49 a.F., § 22 n.F.; GmbHG § 35
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 10.12.2004; Aktenzeichen 12 HKO 117/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer- 2. Kammer für Handelssachen- des LG Mainz vom 10.12.2004 wird zurückgewiesen.
Gerichtliche Gebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
Das nach § 66 Abs. 2 GKG zulässige Rechtsmittel dringt in der Sache nicht durch. Der streitige Kostenansatz findet seine Grundlage in § 49 S. 1 GKG a.F. (anzuwenden gem. der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 GKG).
Der Einwand der Klägerin, sie sei nicht Schuldnerin der Verfahrenskosten, weil die Klageerhebung nicht in ihrem Auftrag erfolgt sei, greift nicht. Allerdings wurde das Mandat an Rechtsanwalt Dr. D., der den Rechtsstreit am 24.9.2001 im Namen der Klägerin anhängig machte, durch M. erteilt, obwohl dieser laut Gesellschafterbeschluss vom 6.9.2001 als Geschäftsführer der Klägerin abberufen worden war. Wenn der Beschluss wirksam gewesen sein sollte, hatte das - anders als das am 18.9.2001 ergänzend mit einer erstinstanzlichen einstweiligen Verfügung erwirkte rein schuldrechtlich ausgerichtete Verbot, weiterhin für die Klägerin zu handeln - den Verlust der gesetzlichen Vertreterstellung des § 35 Abs. 1 GmbHG zur Folge.
Indessen wird dadurch eine Haftung der Klägerin gem. § 49 S. 1 GKG a.F. nicht ausgeschlossen. Diese Haftung konnte nämlich unabhängig von einer wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts Dr. D. entstehen. Für sie reichte hin, dass die Klägerin das prozessuale Geschehen zu beherrschen vermochte (BGH MDR 1997, 198). Das war hier der Fall, weil der weitere, unstreitig in seinem Amt verbliebene Geschäftsführer K. den Rechtsstreit durch eine entsprechende Weisung an Rechtsanwalt Dr. D. von vornherein hätte unterbinden können. Wie die Klägerin in der Beschwerdeschrift selbst vorgetragen hat, wusste K. spätestens seit der Gesellschafterversammlung vom 24.8.2001 und damit deutlich im Vorfeld des hiesigen Prozesses von den anstehenden Streitigkeiten; er musste deshalb mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung rechnen. Dabei lag nahe, dass sich M., um die Interessen der Klägerin vertreten zu lassen, an Rechtsanwalt Dr. D. wenden würde, weil dieser seinen Rechtsstandpunkt schon in dem Verfahren wegen des Erlasses der vorgenannten einstweiligen Verfügung zur Geltung gebracht hatte.
Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob M. - auch im Falle eines wirksamen Entzugs seiner Geschäftsführerstellung durch den Beschl. v. 6.9.2001 - nicht noch rechtsgeschäftlich in der Lage war, Rechtsanwalt Dr. D. für die Klägerin zu mandatieren. Es ist nämlich weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass die nach § 39 Abs. 1 GmbHG anmeldungspflichtige Beendigung der Vertretungsbefugnis für die GmbH bei der Beauftragung von Dr. D. bereits im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht gewesen wäre. War dies aber seinerzeit noch nicht geschehen, konnte diese Tatsache Rechtsanwalt Dr. D. gem. § 15 Abs. 1 HGB nicht entgegengesetzt und daraus ein Mangel in der anwaltlichen Vollmacht nicht hergeleitet werden. Dass Rechtsanwalt Dr. D. davon ausgegangen wäre, M. habe seine Stellung als Geschäftsführer rechtsgültig verloren, lässt sich nicht annehmen. In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte er nämlich den gegenteiligen Standpunkt eingenommen, und es gibt keinen Hinweis darauf, dass ihn die erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung vom 18.9.2001, die "nach der im summarischen Eilverfahren gebotenen vorläufigen Bewertung" zu einem abweichenden Ergebnis gelangt war, eines anderen belehrt hätte.
Der Kostenausspruch beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
Fundstellen
FamRZ 2005, 1767 |
MDR 2005, 778 |
GmbHR 2005, 632 |
RVGreport 2006, 78 |
OLGR-West 2005, 465 |