Leitsatz (amtlich)
In Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB, auch in Verbindung mit § 1696 Abs. 2 BGB, kann eine anwaltliche Vergleichsgebühr nicht zur Entstehung gelangen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn und soweit eine über den Verfahrensgegenstand elterliche Sorge und mit diesem verbundene Fragen hinausgehende Vereinbarung getroffen wird (Abgrenzung zu KG FamRZ 2019, 1633).
Normenkette
BGB §§ 1666, 1666a, 1696 Abs. 2; FamFG § 76 Abs. 1; RVG §§ 45, 49; VV RVG Nr. 1000;, Nr. 1003;; ZPO §§ 114, 119 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 91 F 158/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Idar-Oberstein vom 09.12.2019, Az. 91 F 158/18, in der Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 08.02.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
Am 28.06.2018 beantragte der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für ein familiengerichtliches Verfahren betreffend die Rückübertragung der ihm mit Beschluss vom 25.01.2011 entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge. Das nach Bewilligung der beantragten Verfahrenskostenhilfe durch Beschluss vom 27.07.2018 durchgeführte Verfahren beendeten die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.10.2018 durch den Abschluss einer familiengerichtlich genehmigten Vereinbarung. Diese lautet wie folgt:
1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts A. vom 25.01.2011 zu Aktenzeichen ... entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitsfürsorge für das Kind I., geboren am ... 2004, auf den Antragsteller bzw. Kindesvater zurückübertragen werden.
2. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass I. in den Haushalt des Kindesvaters bis voraussichtlich Weihnachten 2018 zurückgeführt wird. Dies soll in Absprache mit den zuständigen Ämtern und entsprechend dem Hilfeplan erfolgen.
3. Die Beteiligten sind sich weiter darüber einig, dass der Kindesvater eine ambulante Hilfe zur Erziehung beantragen wird und dafür sorgen wird, dass I. psychotherapeutisch angebunden wird.
4. Die Kosten dieser Vereinbarung werden gegeneinander aufgehoben.
Gegen die von dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers in der Folge beantragte Festsetzung der Einigungsgebühr legte die Bezirksrevisorin Erinnerung mit der Begründung ein, dass die Festsetzung dieser Gebühr in Sorgerechtsverfahren nach §§ 1666, 1696 BGB nicht in Betracht komme. Gegen die darauf von der Rechtspflegerin des Amtsgerichts mit Beschluss vom 03.01.2019 vorgenommenen Neufestsetzung der Vergütung wandte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit seiner Erinnerung vom 13.02.2019. Der Erinnerung half die Rechtspflegerin nicht ab und legte sie dem zuständigen Richter zur Entscheidung vor. Dieser wies die Erinnerung mit Beschluss vom 09.12.2019 zurück und führte in den Gründen seiner Entscheidung aus, dass sich die bewilligte Verfahrenskostenhilfe nicht ohne weiteres auf einen nicht der Disposition der Beteiligten unterliegenden Verfahrensgegenstand erstrecke.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der zugleich die Ergänzung des Verfahrenskostenhilfebeschlusses vom 27.07.2018 dahingehend beantragt, dass die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auf den Vergleich und Mehrvergleich erstreckt wird.
Den Ergänzungsantrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 08.02.2020 zurückgewiesen und der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache selbst ohne Erfolg.
Die Festsetzung einer Einigungsgebühr nach §§ 45, 49 RVG i.V.m. Nr. 1000, 1003 VV RVG kommt im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht. In Kinderschutzverfahren nach den §§ 1666, 1666a BGB geht es um die Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes über das Kindeswohl nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG. Dieses ist den Jugendämtern und den Familiengerichten übertragen. Zum Abschluss von Verträgen bezüglich der Ausübung des staatlichen Wächteramtes über das Kindeswohl sind weder das Jugendamt noch das Familiengericht befugt. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem Jugendamt entzieht sich daher grundsätzlich der Verfügungsgewalt dieser Beteiligten, sodass eine Einigungsgebühr in Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB nicht anfallen kann (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 10.10.2014, 7 WF 859/14 m. w. N.).
Das Amtsgericht hat auch die Ergänzung des Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschlusses vom 27.07.2018 um die Bewilligung für den Mehrwert der Vereinbarung vom 04.10.2018 zu Recht abgelehnt. Auf die zutreffende Begründung des Amtsgerichts in dem Nichtabhilfebeschluss vom 08.02.2020 wird Bezug genommen.
Dabei kann dahinstehen, ob, wie die Beschwerde meint, in dem ursprünglichen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels Beschränkung auf einzelne Gebühren zumindest konkludent der Antrag der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf Vergleich und Mehrvergleich enthalten ist...