Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhaltsrechtliche Rollenwahl nach der Geburt eines Halbgeschwisterkindes in einer neuen Beziehung
Normenkette
BGB §§ 1601, 1603 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 05.04.2016; Aktenzeichen 191 F 502/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Koblenz vom 05.04.2016, Aktenzeichen 191 F 502/15, abgeändert und der Antrag abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin.
3. Der Verfahrenswert wird auf 4.176,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist die Mutter des Antragsgegners, der im Haushalt seines Vaters lebt. Mit Jugendamtsurkunde vom 31.10.2013, Stadtverwaltung...[Z], Urkundenregister Nr. 256/2013, hatte die Antragstellerin sich zur Zahlung des Mindestunterhaltes für Antragsteller verpflichtet.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin Abänderung ihrer Unterhaltsverpflichtung dahingehend, dass sie dem Antragsgegner ab Rechtshängigkeit keinen Kindesunterhalt schuldet.
Bei Errichtung der Jugendamtsurkunde arbeitete die Antragstellerin Teilzeit (30h/Woche) für die Firma...[A] und erzielte daraus ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.362,84 EUR (Bl. 5).
Zwischenzeitlich ist sie Mutter des weiteren Kindes ... [B], geboren am ...02.2015, geworden. Aus Anlass der Geburt dieses Kindes hat sie bei ihrem Arbeitgeber eine zweijährige Elternzeit beantragt, die nicht rückgängig gemacht werden kann (Bl. 67). Sie begehrt deshalb mit Antrag vom 04.09.2015 die Abänderung des Unterhaltstitels und Fortfall ihrer Unterhaltsverpflichtung ab Rechtshängigkeit. Der Abänderungsantrag wurde dem Antragsgegner am 20.11.2015 zugestellt (Bl. 53).
Die Antragstellerin beruft sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit und führt dazu aus:
Bis zum 31.01.2016 bezog sie Elterngeld in Höhe von 760,53 EUR monatlich (Bl. 6), seitdem erhalte ihr Lebensgefährte Aufstockungsleistungen des Jobcenters in Höhe von 560,00 EUR monatlich. Ihr Lebensgefährte und Vater des Kindes ... [B] arbeite für die ... [C] AG (einem Personaldienstleister) in einem Zweischichtbetrieb und erziele daraus ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.159,86 EUR (Bl. 20-46). Er sei einem weiteren Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Für seinen Sohn ... [D], geboren am ...04.2007, zahle er aufgrund Zwischenvergleich vor dem AG Andernach, Aktenzeichen 72 F 573/14, derzeit monatlich 65,10 EUR Kindesunterhalt.
Die Antragstellerin macht geltend, dass ihr aufgrund der Schichttätigkeit ihres Lebensgefährten die Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit nicht möglich sei. Ein Betreuungsplatz in der Kinderkrippe stehe ihr, da sie derzeit nicht berufstätig sei, nicht zur Verfügung. Ohne Betreuungsplatz finde sie jedoch keine Arbeit.
Mit der Begründung, es sei vertretbar, dass die Antragstellerin eine zweijährige Elternzeit in Anspruch nehme, hat das AG dem Abänderungsbegehren mit Wirkung ab dem 01.11.2015 bis zum 31.01.2017 stattgegeben.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner. Er ist der Auffassung, es gebe keine anerkennenswerten Gründe für die Inanspruchnahme der Elternzeit durch die Antragstellerin. Durch ihre Rollenwahl innerhalb der neuen Familie verletze sie ihre unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten. Aufgrund ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit müsse sie weiter einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wobei die von ihr zu fordernde vollschichtige Erwerbstätigkeit auch nach der Geburt des neuen Kindes ausreiche, um den Mindestunterhalt sicher zu stellen.
Die Antragstellerin verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen.
II. Die statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners (§§ 58 ff, 117 FamFG) hat in der Sache Erfolg. Die Antragstellerin ist dem Antragsgegner gegenüber nach §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB weiterhin zur Zahlung des Mindestunterhaltes nach § 1612a BGB verpflichtet.
Der Antrag auf Abänderung der Jugendamtsurkunde ist zwar nach § 239 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 FamFG zulässig, jedoch im Ergebnis nicht begründet.
Auf mangelnde Leistungsfähigkeit (§ 239 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 1603 Abs. 1 BGB) kann die Antragstellerin sich trotz der Geburt des weiteren Kindes ... [B] nicht berufen, denn sie hat diese durch die Inanspruchnahme der 2-jährigen Elternzeit selbst herbeigeführt und verletzt durch die Rollenwahl innerhalb ihrer neuen Familie unterhaltsrechtliche Obliegenheiten.
1. Der Antragsgegner ist unterhaltsbedürftig (§ 1602 BGB). Er ist 14 Jahre alt und ohne Einkommen, denn er besucht noch die Schule. Nach § 1612a Abs. 1 S. 1 BGB kann er daher grundsätzlich von der Antragstellerin den Mindestunterhalt verlangen. Diese ist ihm gegenüber barunterhaltspflichtig, das sie nicht mit ihm in einem Haushalt lebt. Demgegenüber erfüllt der Vater des Antragsgegners die ihm obliegende Unterhaltspflicht hier durch Pflege und Erziehung.
2. Die Antragstellerin ist aufgrund ihrer aktuellen ...