Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Mehrwertsteuersatz bei Berichtigungsentscheidung nach dem Erhöhungsstichtag
Leitsatz (amtlich)
Ist ein gerichtliches Verfahren durch einen vor dem 31.12.2006 festgestellten Vergleich beendet worden, bleibt es auch dann bei der 16 %-igen Umsatzsteuer für die anwaltliche Vergütung, wenn nach dem Stichtag eine Berichtigungsentscheidung nach § 164 ZPO oder § 319 ZPO ergeht.
Normenkette
UStG § 13; RVG § 8; ZPO §§ 104, 164, 278, 319
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 13.12.2006; Aktenzeichen 15 O 423/03) |
Tenor
I. Die nach dem Vergleich des OLG Koblenz vom 13.12.2006 (Aktenzeichen: 12 U 108/05, 15 O 423/03) von den Beklagten als Gesamtschuldnern an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 108.142,53 EUR festgesetzt nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.1.2007 aus 76.112,61 EUR und seit dem 16.1.2007 aus weiteren 32.029,92 EUR.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 1.159,46 EUR) zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2. ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Die zur Festsetzung i.H.v. 38.648,80 EUR angemeldeten Kosten der Klägervertreter in zweiter Instanz unterfallen lediglich einer Umsatzsteuer i.H.v. 16 % (Differenz: 1.159,46 EUR). Für den Steuersatz ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich der Zeitpunkt der Leistungsausführung maßgeblich. Anknüpfungspunkt ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung.
Fällig wird der Gebührenanspruch gem. § 8 Abs. 1 RVG, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Im gerichtlichen Verfahren treten hinzu der Zeitpunkt der Kostenentscheidung, das Ende des Rechtszuges oder das Ruhen des Verfahrens länger als drei Monate. Die Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung tritt auch mit dem Abschluss eines Vergleichs ein. Die sich anschließende Streitwert- und Kostenfestsetzung ändert an diesem Zeitpunkt nichts (ständige Rechtsprechung des Senats -vgl. JurBüro 1999, 304; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe/v. Eicken, RVG, 17. A., VV 7008 Rz. 45/46 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; Hartmann, Kostengesetze, 37 A., VV 7008, Rz. 14 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung, s. auch Henke AnwBl. 2006, 754; Schneider NJW 2007, 325; Hartmann/Metzenmacher/Rothenberger, UStG, Lfg. 6/02, E § 13 Nr. 25).
Der gem. § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossene Vergleich vom 13.12.2006 hat den Rechtsstreit und die Rechtshängigkeit beendet und ebenso den Rechtszug i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 794 Rz. 13). Auf diesen Zeitpunkt ist abzustellen. Die Berichtigung des Vergleichs nach §§ 164, 278 Abs. 6 S. 3 ZPO am 2.1.2007 ändert für die Fälligkeit der Vergütung und den Ansatz der geringeren Umsatzsteuer nichts.
§ 164 ZPO entspricht dem beim Urteil geltenden § 319 ZPO (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 164 Rn. ½). Hier wie dort (s. Zöller/Stöber a.a.O. § 164 Rz. 9) hat die Berichtigung rückwirkende Kraft.
Die bindende Berichtigung nach § 319 ZPO wirkt auf den Zeitpunkt des Erlasses der berichtigten Entscheidung zurück. Diese ist grundsätzlich so behandeln, als habe sie von vornherein in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses bestanden. Dies kann dazu führen, dass ein zunächst vermeintlich wirksam eingelegtes Rechtsmittel sich später als unzulässig erweist (BGH v. 14.7.1994 - IX ZR 193/93, BGHZ 127, 74 = MDR 1994, 1142 = NJW 1994, 2832; s. auch BGH v. 25.1.1989 - VIII ZB 37/88, VersR 1989, 530 zum Fristbeginn für die Berufung). Wegen dieser Wirkung ist der Zeitpunkt des Berichtigungsbeschlusses vom 2.1.2007 für den geltend gemachten Anfall der erhöhten Umsatzsteuer ohne Belang.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO
Fundstellen
Haufe-Index 1718680 |
JurBüro 2007, 316 |
ZAP 2007, 1198 |
AnwBl 2007, 550 |
AGS 2007, 302 |
RENOpraxis 2008, 73 |
RVGreport 2007, 191 |
OLGR-West 2007, 686 |