Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskostenansatz für später verbundene aktienrechtliche Anfechtungsklage
Leitsatz (amtlich)
Die Verbindung aktienrechtlicher Anfechtungsprozesse berührt eine zuvor in einem einzelnen Verfahren angefallene Gerichtsgebühr nicht. Außerhalb der Härteregelung des § 247 Abs. 2 AktG findet eine Ermäßigung oder Verteilung der Gerichtsgebühren auf sämtliche Anfechtungskläger nicht statt.
Normenkette
AktG § 246 Abs. 3 S. 3, § 247 Abs. 2; ZPO § 147; GKG a.F. § 11; GKG § 49; KV Nr. 1210
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 17.03.2005; Aktenzeichen 4 HKO 63/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers S. gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 17.3.2005 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kläger S. (künftig: Der Kläger) hatte mit Schriftsatz vom 27.5.2002 eine Anfechtungsklage gegen die beklagte Aktiengesellschaft erhoben. Das Verfahren wurde beim LG Koblenz unter dem Aktenzeichen 4 HO 73/02 geführt. Mit Beschl. v. 14.6.2002 erfolgte die Verbindung mit dem von anderen Klageparteien betriebenen Verfahren 4 HO 63/02 LG Koblenz, das denselben sachlichen Streitgegenstand aufwies.
Der Kläger hatte, berechnet nach einem Streitwert von 250.000 EUR, für seine Klage einen Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 5.268 EUR eingezahlt.
Mit Urteil der Kammer vom 13.8.2002 wurde den Klagen stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Zugleich setzte das Gericht den Streitwert auf 100.000 EUR fest.
Bei der später erfolgten Berechnung des Kostenerstattungsanspruches des Klägers brachte die Staatskasse zu seinen Lasten die Gerichtsgebühren aus dem ursprünglichen Verfahren 4 HO 63/02 in vollem Umfang in Ansatz. Erstattet wurde deshalb nur der Überschuss, der sich aus der Differenz des Streitwertes von ursprünglich 250.000 EUR und letztlich 100.000 EUR ergab.
Gegen den Einbehalt des Restbetrages von 2.568 EUR wendet sich der Kläger nach Zurückweisung seiner Erinnerung durch den angefochtenen Beschluss mit der Beschwerde.
II. Das nach § 66 Abs. 2 GKG zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
Zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden (an Stelle) der Kammer für Handelssachen ist der Senat als Kollegium berufen (BGH v. 20.10.2003 - II ZB 27/02, MDR 2004, 530 = BGHReport 2004, 414 m. Anm. Vollkommer = WM 2004, 348 [349]).
Der streitige Kostenansatz folgt aus §§ 49, 11 GKG a.F. mit KV 1210). Werden mehrere Verfahren nach § 147 ZPO zu einem neuen Verfahren verbunden, so richten sich die danach entstehenden Gebühren nach dem Streitwert der zusammenzurechnenden, bisherigen (verbundenen) Verfahren. Jedoch bleiben die bis zur Verbindung in jedem einzelnen Verfahren nach dem jeweiligen Streitwert berechneten allgemeinen Gebühren davon unberührt, ihr getrennter Ansatz bleibt bestehen. Das ist allgemeine Meinung in der prozessrechtlichen und der gebührenrechtlichen Literatur (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 147, Rz. 27, 28; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 147, Rz. 10; Meyer, JurBüro 2003, 187; OLG Oldenburg JurBüro 2003, 322).
Die Verfahrensgebühr entsteht mit der Einreichung der Klageschrift in voller Höhe. Sie soll nach dem gesetzgeberischen Ziel als hohe Pauschalgebühr die Anrufung des Gerichts verteuern und damit "überflüssigen" Prozessen vorbeugen. Abgesehen von den Ermäßigungstatbeständen des KV 1211, die hier nicht vorliegen, bleibt eine nachträgliche Veränderung außer Betracht. Insbesondere lässt eine Prozessverbindung bereits entstandene Verfahrensgebühren unberührt. Das bedeutet, dass der Kläger als Veranlasser "seines" Verfahren (§ 49 GKG a.F.) die volle Verfahrensgebühr aus dem später festgesetzten Wert von 100.000 EUR zu tragen hat. (Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl. KV 1210, Rz. 13, 18, 19, 27). Dem trägt der angegriffene Kostenansatz Rechnung.
Die Auffassung des Klägers, weil § 246 Abs. 3 AktG die Verbindung mehrerer Anfechtungsprozesse zwingend vorschreibe, fielen für das verbundene Verfahren Gerichtskosten insgesamt nur einmal an, findet im Gesetz keine Stütze. Dass die angeordnete Verbindung in einzelnen Fällen zu einer unzumutbaren Kostenbelastung bei einer Partei führen kann, hat der Gesetzgeber gesehen. Die betroffene Partei kann dem mit einem Antrag nach § 247 Abs. 2 AktG vorbeugen. Daneben ist eine Kostenprivilegierung vom Gesetzgeber offenbar nicht für notwendig erachtet worden.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen. Der Kostenausspruch beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 1375165 |
DB 2005, 1449 |
NZG 2005, 817 |
ZIP 2005, 1572 |
AG 2005, 661 |
MDR 2005, 1017 |