Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 02.08.2004; Aktenzeichen 7 StVK 518/03) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des früheren Strafgefangenen wird der Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 2. August 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez zurückverwiesen.
Gründe
Der Beschwerdeführer war bis zum 22. Oktober 2003 Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt Diez.
Mit Antrag vom 7. August 2003 beantragte er festzustellen, "daß die angeordnete vollständige Umkleidung vor und nach dem Besuch am 16.7 und 29.7 rechtswidrig war".
Die Justizvollzugsanstalt bezeichnete das Umkleiden in ihrer Stellungnahme vom 28. August 2003 als unvermeidliche Nebenfolge einer - nach ihrer Auffassung zulässigen - körperlichen Durchsuchung mit Entkleidung.
Mit Beschluß vom 2. August 2004 hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, es fehle das nach § 115 Abs. 3 StVollzG notwendige Feststellungsinteresse, weil wegen einer seit Mitte Dezember 2003 geänderten Durchsuchungspraxis keine Wiederholungsgefahr bestünde und Schadensersatzansprüche, deren Geltendmachung mit einen erfolgreichen Feststellungsantrag eventuell vorbereitet werden könnten, nicht in Betracht kämen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig und auch begründet.
Es trifft zwar zu, daß Wiederholungsgefahr nicht besteht, und zwar schon deshalb, weil der Beschwerdeführer nach Vollverbüßung bereits am 22. Oktober 2003 entlassen wurde. Eine körperliche Durchsuchung mit Entkleidung - und nichts anderes beinhaltet der von ihm geschilderte Sachverhalt auch nach Auffassung der Anstalt - stellt jedoch einen "schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar" (BVerfG NJW 04, 1728 = NStZ 04, 227). Sie kann nach einem Besuch zwar auf der Grundlage einer Allgemeinverfügung erfolgen (§ 84 Abs. 3 StVollzG). Vor einem Besuch ist jedoch eine Einzelfallanordnung aus begründetem Anlaß erforderlich (BVerfG a.a.O.).
Ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit einer hoheitlichen Maßnahme, die in Grundrechte eingreift, besteht unter anderem dann, wenn die Maßnahme diskriminierend wirkt (BVerfG NJW 02, 2700). Dies ist bei einer rechtswidrigen Durchsuchung mit Entkleidung u.a. wegen Verletzung des Schamgefühls der Fall.
Die Strafvollstreckungskammer wird somit zu prüfen haben, ob die beanstandeten Maßnahmen mit § 84 Abs. 2 und 3 StVollzG in Einklang standen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob der Durchsuchung vor dem Besuch eine Einzelfallanordnung aus begründetem Anlaß zugrunde lag oder ob es sich um eine unzulässige Routinemaßnahme handelte.
Fundstellen
Haufe-Index 2580310 |
StraFo 2005, 263 |