Entscheidungsstichwort (Thema)

Beratungshilfevergütung bei Kindes- und Ehegattenunterhalt

 

Verfahrensgang

AG Linz (Aktenzeichen 5 UR II 386/09)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin werden der Beschluss des LG Koblenz vom 6.9.2011 in seiner Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 16.11.2011 sowie die Beschlüsse des AG Linz vom 17.6.2011 und 22.7.2011 abgeändert.

Unter Zurückweisung des Vergütungsantrages im Übrigen wird die an die Beschwerdeführerin zu zahlende Vergütung auf 24,99 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin ist im Hinblick darauf zulässig, dass das LG diese mit dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat - § 56 i.V.m. § 33 Abs. 6 RVG.

Sie ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erstattung der dort genannten Kosten folgt aus § 44 RVG i.V.m. den Nr. 2503 und 1008 in der Anlage 1 zum RVG.

Für die Frage, in welchem Umfang der Beschwerdeführerin vorliegend für die Beratungshilfe ein Gebührenanspruch erwächst, kommt es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht auf die Anzahl der ausgegebenen Berechtigungsscheine an (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 29.11.2010 - 10 WF 124/10 -, zit. nach BeckRS 2011, 01452; s.a. Schoreit/Groß, BerH/PKH/VKH, 10. Aufl. 2010, IV § 44 RVG Rz. 69). Maßgeblich ist allein der Begriff der "Angelegenheit". Gemäß § 2 Abs. 2, 6 BerHG wird die Beratungshilfe in "Angelegenheiten" gewährt. Nach § 44 RVG wird die Vergütung für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe nach dem RVG gewährt. Nach dem RVG wiederum richtet sich die Vergütung danach, wie viele verschiedene Angelegenheiten die Beratung umfasst hat. Da der Begriff der Angelegenheit im BerHG nicht näher geregelt ist, ist nach einhelliger Auffassung auf die gebührenrechtlichen Vorschriften des RVG zurückzugreifen (OLG Hamm, Beschl. v. 18.11.2010 - I - 25 W 499/10, zit. nach BeckRS 2011,18545 m. w. H.). Entscheidend für das Vorliegen einer Angelegenheit ist, ob ein gleichzeitiger Auftrag, ein gleicher Rahmen und ein innerer Zusammenhang gegeben sind.

Bei der Ausfüllung dieser Kriterien werden insbesondere bei familienrechtlichen Gegenständen unterschiedliche Ansichten vertreten (zum Meinungsstand vgl. ausführlich OLG Celle, Beschl. v. 14.7.2011 - 2 W 141/11 -, zit. nach BeckRS 2011,18918). Der Senat schließt sich der Auffassung an, wonach zwischen der Scheidung und den zugehörigen Folgesachen sowie den Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Trennung zu differenzieren und für die Beurteilung des Vorliegens einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne auf den konkreten Lebenssachverhalt abzustellen ist (so auch OLG Celle, a.a.O., m. w. H.). Dies führt allerdings nicht dazu - wie die Beschwerdeführerin offensichtlich meint - dass die Beratung zu jedem einzelnen Gegenstand eine eigene Gebühr auslöst. Es erscheint vielmehr sachgerecht, unter Berücksichtigung des inneren Zusammenhangs der unterschiedlichen Lebenssachverhalte mehrere Gegenstände in verschiedenen Komplexen (Angelegenheiten) zusammenfassen. Die Unterhaltsansprüche sind dem Komplex "finanzielle Auswirkung von Trennung und Scheidung" zuzuordnen und bilden mit diesem insgesamt grundsätzlich eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne (so auch OLG Celle, a.a.O.).

Dementsprechend ist das AG vorliegend völlig zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der Geltendmachung des Ehegattenunterhalts und des Kindesunterhalts nur um eine gebührenrechtliche Angelegenheit handelt. Den Ausführungen im Beschluss des AG vom 22.7.2011 hat sich bereits das LG angeschlossen. Auch der Senat hält diese Ausführungen im Lichte der oben angeführten Grundsätze für richtig.

AG und LG haben bei ihren Entscheidungen indes nicht berücksichtigt, dass sich die Geschäftsgebühr nach Nr. 1008 in der Anlage 1 zum RVG für jeden weiteren Auftraggeber in derselben Angelegenheit um 30 % erhöht. Wie von ihr in ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 26.9.2011 zumindest konkludent beantragt, war die Geschäftsgebühr nach 2503 der Anlage 1 zum RVG für die Beschwerdeführerin um 30 %, einschließlich der Mehrwertsteuer mithin um 24,99 EUR zu erhöhen.

Die Entbehrlichkeit einer Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2939868

JurBüro 2012, 419

FamFR 2012, 67

HRA 2012, 11

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