rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung. Mehrwertsteuer. Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Erinnerung. Nachfestsetzungsantrag
Leitsatz (amtlich)
Meldet eine Partei die anwaltliche Mehrwertsteuer ohne Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei an, sieht der Rechtspfleger dann im Kostenfestsetzungsbeschluss von einem Ansatz der Mehrwertsteuer ab und bringt die Partei die Erklärung innerhalb der Rechtsmittelfrist bei, so liegt darin das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde und nicht lediglich eine Nachliquidation einer (rechtskräftig abgewiesenen) Position.
Normenkette
ZPO § 104
Beteiligte
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Otmar |
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 4 O 339/97) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten werden die Beschlüsse des Landgerichts Trier vom 29. März und 19. April 1999 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Herbeiführung einer Abhilfeentscheidung über die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Januar 1999 an das Landgericht Trier zurückgegeben.
3. Gerichtsgebühren für das vorliegende Beschwerdeverfahren sind nicht zu erheben (§ 8 GKG). Über dessen außergerichtliche Kosten (Wert: 275,16 DM) hat das Landgericht zu entscheiden.
Gründe
Nachdem der Beklagte mit seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 4. Dezember 1998 unter anderem die Festsetzung von 917,20 DM Mehrwertsteuer beantragt hatte (Bl. 188 GA), ließ er zwei gerichtliche Anfragen nach seiner Vorsteuerabzugsberechtigung unbeantwortet (Bl. 188 R/Bl. 189 R GA). Bei seiner Ausgleichsberechnung im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Januar 1999 hat das Landgericht daher die Mehrwertsteuer unberücksichtigt gelassen.
Nach der am 3. Februar 1999 bewirkten Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 5. Februar 1999 Folgendes mit:
„nehmen wir Bezug auf den Beschluß des Landgerichts Trier vom 27.01.1999 und unseren Kostenfestsetzungsantrag vom 04.12.1998 und teilen mit, daß der Beklagte nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Wir beantragen daher, die Mehrwertsteuer im Betrag von 917,20 DM festzusetzen.”
Das Landgericht hat darin keine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Januar 1999, sondern einen Neuantrag gesehen. Diesen Antrag hat es durch den nunmehr angefochtenen Beschluss vom 29. März 1999 mit der Begründung abgelehnt, der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Januar 1999 sei in Rechtskraft erwachsen, was der nachträglichen Festsetzung der Mehrwertsteuer entgegenstehe.
Dem kann nicht gefolgt werden. Der Schriftsatz vom 5. Februar 1999 enthält eine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Januar 1999. Auch bei der Auslegung prozessualer Erklärungen ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Ein Antrag auf Festsetzung der Mehrwertsteuer war gestellt und trotz der zweimaligen Nachfrage des Rechtspflegers nicht zurückgenommen worden. Wegen der fehlenden Erklärung nach § 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat der Rechtspfleger im Beschluss vom 27. Januar 1999 allerdings zu Recht davon abgesehen, auf Beklagtenseite die Mehrwertsteuer (anteilig entsprechend der Kostengrundentscheidung) zu berücksichtigen.
Das hat der Beklagte mit seinem Schriftsatz vom 5. Februar 1999 beanstandet, was nach § 570 ZPO statthaft war. Darin lag eine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss. Die Auffassung des Rechtspflegers, bei der Eingabe vom 5. Februar 1999 handele es sich um einen allein die Mehrwertsteuer betreffenden Erstantrag, hat keine tragfähige Grundlage, weil die Festsetzung von Mehrwertsteuer bereits in dem Ausgleichungsantrag vom 4. Dezember 1998 begehrt worden war (Bl. 188 GA). Vor diesem Hintergrund konnte der Beklagte die ergänzende Festsetzung der Mehrwertsteuer nur noch durch eine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Januar 1999 erreichen, weil die Rechtskraft dieser Entscheidung – wie das weitere Verfahren des Rechtspflegers zeigt – einer Nachfestsetzung entgegenstünde. Daher durfte kein Zweifel darüber aufkommen, dass es sich bei der Eingabe vom 5. Februar 1999 um eine Erinnerung gegen den vorausgegangenen Kostenfestsetzungsbeschluss handelte.
Da der Antrag vom 5. Februar 1999 demzufolge nicht als Erstantrag behandelt werden durfte, entbehren die auf diese Auslegung gestützten Entscheidungen des Landgerichts vom 29. März 1999 und 19. April 1999 (Nichtabhilfeentscheidung) einer verfahrensmäßig gesicherten Grundlage.
Andererseits fehlt es bisher an einer sachlichen Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers über die Erinnerung vom 5. Februar 1999. Zur Nachholung dieser Entscheidung musste die Sache daher an das Landgericht Trier zurückgegeben werden.
Für die im Erinnerungsverfahren zu treffende Kostenentscheidung weist der Senat auf § 97 Abs. 2 ZPO hin.
Unterschriften
Kaltenbach, Dr. Menzel, Weller
Fundstellen
Haufe-Index 537709 |
NJW-RR 2000, 363 |
JurBüro 20... |