Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Normenkette
BGB § 554
Verfahrensgang
AG Mainz (Aktenzeichen 10 C 960/83) |
LG Mainz (Aktenzeichen 3 S 13/84) |
Tenor
Nachforderungen aus der jährlichen Nebenkostenabrechnung sind nicht Mietzins im Sinne des § 554 BGB. Kommt der Mieter mit der Begleichung dieser Forderungen in Verzug, kann der Vermieter nicht nach § 554 BGB fristlos kündigen.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Eigentümer des Hauses A. 4 in M.. Die Beklagten bewohnen in diesem Hause eine 4-Zimmer-Wohnung. Den Mietvertrag vom 22.11.1977 haben sie noch mit dem Rechtsvorgänger des Klägers abgeschlossen. Der Mietzins beträgt monatlich 206,90 DM. Die Nebenkosten – außer Heizkosten – sind teilweise in der Miete enthalten. Wasser- und Kanalbenutzungsgebühren werden anteilmäßig umgelegt. Der Mietzins ist spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats vorauszuzahlen. Die Nebenkosten sind, soweit nichts anderes vereinbart ist, zugleich mit dem Mietzins zu entrichten. Soweit Nebenkosten angefordert werden, sind diese binnen einer Woche zu zahlen. Die Vorauszahlung für „sonstige Betriebskosten” – außer Heizkosten – beträgt monatlich 30,– DM. Für den Fall der außerordentlichen Kündigung umfaßt der Mietzins auch die Nebenkosten (Betriebskosten, Kapitalkostenerhöhungen und Zuschläge).
Nach der den Beklagten erteilten Heizkostenabrechnung vom 15. September 1982 für die Zeit vom 1. April 1981 bis 31. März 1982 entfallen auf die Beklagten Heizkosten von 1.350,39 DM und nach der Nebenkostenabrechnung vom 25. März 1983 für denselben Zeitraum 345,32 DM Kaltwasser- und Kanalbenutzungsgebühren. Für den Abrechnungszeitraum 1982/1983 beträgt der Heizkostenanteil 508,42 DM. Hinzu kommen 10,85 DM Schornsteinfegergebühren. Der Anteil an den sonstigen Betriebskosten beläuft sich nach dem Abrechnungsschreiben vom 19. April 1983 auf 804,36 DM.
Auf die angeforderten Beträge haben die Beklagten außer dem monatlich zu entrichtenden Mietzins und den monatlichen Vorauszahlungen von 30,– DM bisher nichts entrichtet.
Mit Schreiben vom 19. Juli 1983 hat der Kläger das Mietverhältnis mit den Beklagten fristlos gekündigt. Die Kündigung wurde auf ruhestörenden Lärm, vertragswidrigen Gebrauch und auf Verzug mit den Nebenkostennachzahlungen gestützt.
Mit der Klage verlangt der Kläger die Räumung und Herausgabe der Wohnung, die Zahlung der Nebenkosten gemäß den erteilten Abrechnungen sowie die Zustimmung zur Erhöhung der Miete auf monatlich 500,– DM netto.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht haben die Beklagten die Nebenkostennachforderung für die Heizperiode 1981/1982 in Höhe von 1.309,78 DM anerkannt. Das Amtsgericht hat hierauf Teil-Anerkenntnis-Urteil erlassen und die weitergehende Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt.
Nachdem die Vollstreckung des Teil-Anerkenntnis-Urteils erfolglos geblieben war, hat der Kläger das Mietverhältnis mit Schreiben vom 16. Dezember 1983 gemäß § 554 BGB nochmals fristlos wegen Verzugs mit der Zahlung der titulierten Nebenkostennachforderung gekündigt.
Nach Auffassung des Landgerichts kommt es für die Entscheidung über die Räumungsklage darauf an, ob die fristlose Kündigung gemäß § 554 Abs. 1 BGB auf den Verzug mit einer Nebenkostennachforderung gestützt werden kann. Die weiter geltend gemachten Gründe tragen nach seiner Ansicht die Kündigung nicht. Das Landgericht hat deshalb beschlossen, einen Rechtsentscheid zu der folgenden Frage herbeizuführen:
Kann eine fristlose Kündigung gemäß § 554 BGB auf Verzug mit einer Nebenkostennachforderung gestützt werden?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist nach Art. III Abs. 1 des 3. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1967 (BGBl. I S. 1248) i. d. F. des Gesetzes vom 5. Juni 1980 (BGBl. I S. 657) zulässig.
Die vorgelegte Rechtsfrage betrifft ein Mietvertragsverhältnis über Wohnraum. Sie ist von grundsätzlicher Bedeutung, da zu erwarten ist, daß sie künftig wiederholt auftritt und unterschiedlich beurteilt wird. Sie ist auch, soweit ersichtlich, bisher durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden und kann für die Sachentscheidung im vorliegenden Fall erheblich sein, wenn die anderweitigen Kündigungsgründe nach §§ 553, 554 a, 564 b BGB nicht eingreifen.
III.
Die vom Landgericht zur Entscheidung vorgelegte Frage ist in der sich aus dem Tenor ergebenden Weise zu beantworten.
Nach § 554 Abs. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der den Mietzins für zwei Monate erreicht. Die Beklagten befinden sich jedenfalls insoweit in Zahlungsverzug, als sie die titulierte Nebenkostennachforderung von 1.309,78 DM bis heute nicht beglichen haben. Ihr Zahlungsrückstand erreicht den Mietzins für zwei Monate nicht nur, sondern überste...