Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 01.03.2010) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 1. März 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Koblenz zurückverwiesen.
Gründe
I. Das Amtsgericht Koblenz hat den Betroffenen am 1. März 2010 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beim Führen eines Kraftfahrzeugs um 52 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft zu einer Geldbuße in Höhe von 240 € verurteilt und ihm für die Dauer eines Monats untersagt, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Gegen das Urteil hat der Verteidiger am 2. März 2010 Rechtsbeschwerde eingelegt und in seiner Begründungsschrift vom 18. Juni 2010 die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt. Hinsichtlich Letzterem beanstandet er, dass das Urteil nicht fristgerecht zu den Akten gebracht worden sei.
II. Die Rechtsbeschwerde hat jedenfalls mit der in zulässiger Weise erhobenen und in der Sache begründeten Verfahrensrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich in ihrer Antragsschrift vom 17. August 2010 hierzu wie folgt geäußert:
"Der gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthaften sowie form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde (§§ 79 Abs. 3, Abs. 4 OWiG, 341, 344, 345 StPO), mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird, wird ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht versagt bleiben können.
Zwar kann dahinstehen, ob die auf die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung der Anwendung materiellen Rechts Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen lässt. Denn jedenfalls greift die in zulässiger Form (§§ 344 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWIG) erhobene Verfahrensrüge (RB, S. 2 f.) durch.
Das am 01.03.2010 verkündete Urteil (Bl. 84 ff., 86 d.A.) hätte gemäß § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG spätestens binnen 5 Wochen, mithin bis zum 06.04.2010 - Dienstag nach Ostern, vgl. § 43 Abs. 2 StPO, Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 275, Rdnr. 8 -, zu den Akten gebracht werden müssen. Indes ist es erst am 18.05.2010 zu den Akten (Bl. 100, 126 d.A.; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 275, Rdnr. 7) und am 01.06.2010 zur Geschäftsstelle gelangt (Bl. 90 d.A.). Überdies liegt auch keine Rechtfertigung der Fristüberschreitung gemäß § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG vor. Dass die Akten ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des erkennenden Richters vom 04.08.2010 zeitweilig unauffindbar waren (Bl. 124 d.A.), ist kein "nicht voraussehbarer und unabwendbarer Umstand" i. S. von § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO. Zumindest unabwendbar ist ein solches Vorkommnis bei Beobachtung der gebotenen Sorgfalt nicht (vgl. OLG Celle, NJW 1982, 397; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 275, Rdnr. 14). Mithin unterliegt das Urteil gemäß §§ 338 Nr. 7 StPO, 79 Abs. 3 OWIG der Aufhebung."
Den zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
Gemäß § 79 Abs. 6 OWiG hat der Senat die Sache zu neuer Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Koblenz zurückverwiesen. Für die von der Rechtsbeschwerde beantragte Zurückverweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts ist kein Grund erkennbar.
Fundstellen
Haufe-Index 2624363 |
NZV 2011, 359 |
VRR 2011, 116 |