Leitsatz (amtlich)
1. Ist dem Käufer eines Kfz zwar bei Vertragsschluss bekannt, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Unfallfahrzeug handelt, ohne aber die Schwere des Unfallschadens zu kennen, kann dem Käufer kein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden, es in Kenntnis eines Unfallschadens unterlassen zu haben, vor Abschluss des Kaufvertrags eine Begutachtung des Fahrzeugs vornehmen zu lassen.
2. Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel gem. §§ 434 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 437 Nr. 2, 444 BGB setzt voraus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt waren oder er sie zumindest für möglich hielt und er billigend in Kauf nahm, dass dem Käufer diese Fehler nicht bekannt waren und er bei deren Offenlegung den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Beschlüsse vom 4.10.2012 und 13.12.2012 - 2 U 1020/11; vom 19.1.2009 - 2 U 422/08; vom 20.2.2009 - 2 U 848/08; vom 13.11.2009 - 2 U 443/09, NJW-RR 2010, 989 und vom 24.1.2013 und 25.2.2013 - 3 U 846/12).
Normenkette
BGB § 442 Abs. 1 S. 1, § 437 Abs. 1 Nr. 2, §§ 440, 323, 326, 442 Abs. 2, § 444
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 11.07.2014; Aktenzeichen 4 O 309/13) |
Tenor
Der Senat erwägt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz - Einzelrichterin - vom 11.7.2014 durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Der Senat erwägt die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 23.3.2015. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Im diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:
I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufes wegen arglistigen Verschweigens eines Unfallschadens sowie Ersatz von Aufwendungen für den Austausch eines Turboladers.
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 6.12.2012 (Anlage 1 zum Sitzungsprotokoll des LG vom 20.6.2014, GA 72, Kaufdatum in der Urkunde fälschlicher Weise mit 2011 angegeben) von dem Beklagten einen gebrauchten Pkw Typ VW Golf Variant 1,9 TDI zu einem Kaufpreis von 9.650 EUR. Der Kaufvertrag enthält unter besondere Vereinbarungen den handschriftlichen Zusatz: "Von privat, keine Garantie oder Gewährleistung, keine Rückgabe". Im Rahmen des vorformulierten Textes garantierte der Verkäufer, dass das Kraftfahrzeug in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Unfallschaden und in der übrigen Zeit, soweit ihm bekannt, einen - insoweit handschriftlich eingefügt -"Unfallschaden" hatte. Am Ende der Urkunde hat der Beklagte handschriftlich vermerkt: "Käufer prüft das Fahrzeug auf gravierende Unfallschäden, falls feststellbar sein sollte räume ich Rückgabe ein, ohne Nebenkosten".
Der Beklagte hatte das Fahrzeug am 30.8.2012 von dem Streithelfer zu einem Kaufpreis von 6.850 EUR erworben (GA 31). In diesem Kaufvertrag ist festgehalten, dass das Fahrzeug in der Zeit, in der es im Eigentum des Streithelfers stand, keinen Unfallschaden erlitten hatte und in der übrigen Zeit einen "leichten Frontschaden".
Im Zusammenhang mit dem Austausch des Turboladers im August 2013, für den der Kläger ein Betrag von 1.802,55 EUR aufwendete, stellte die Werkstatt des Klägers fest, dass zahlreiche Teile im Frontbereich des Fahrzeugs ausgetauscht worden waren. Nachforschungen des Klägers ergaben, dass der Pkw bei einem der Voreigentümer einen schweren Unfall erlitten hatte und sich die für den Unfallschaden angefallenen Reparaturkosten nach einem Gutachten des Kfz-Ingenieurbüros Schumann vom 30.8.2011 (Anlage K 2, GA 8) auf 12.723,20 EUR netto beliefen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.9.2013 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag (Anlage K 3, GA 18).
Die Parteien haben u.a. darüber gestritten, ob der Beklagte Kenntnis von einem schweren Unfallschaden hatte.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
1. an ihn, den Kläger, 9.650 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Kfz vom Typ VW Golf Variant 1,9 TDI DPF DSG/Comfortline Fahrzeug-ld. Nr. xyz;
2 an ihn, den Kläger, 1.802,55 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.10.2013 zu zahlen.
3. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der ...