Verfahrensgang
AG Linz (Entscheidung vom 15.01.2021) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 15. Januar 2021 wird auf seine Kosten (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 18. August 2020 hat die Zentrale Bußgeldstelle beim Polizeipräsidium ... gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 59 km/h eine Geldbuße von 530,- € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, als Fahrer eines Pkw am 9. April 2020 auf der BAB A ..., Gemarkung ..., in Fahrtrichtung ..., im auf 100 km/h beschränkten Bereich mit einer Geschwindigkeit von - nach Toleranzabzug - 159 km/h gefahren zu sein.
Auf den hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch des Betroffenen hin hat das Amtsgericht zunächst Termin zur Hauptverhandlung auf den 27. November 2020 festgesetzt. Dieser Termin wurde auf Verlangen des Verteidigers wegen eines Unfallereignisses mit operativer Indikation mit Verfügung vom 5. November 2020 auf den 15. Januar 2021 verlegt. Die Umladungen erreichten den Betroffenen am 11. November 2020 und den Verteidiger am 9. November 2020.
Nachdem zum Hauptverhandlungstermin am 15. Januar 2021 mit Beginn um 13:00 Uhr weder der nicht vom persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene noch ein Verteidiger erschienen waren, verwarf das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid gemäß § 74 Abs. 2 OWiG.
Das beim Amtsgericht Linz per Fax am selben Tag bereits um 10:07 Uhr eingegangene Schreiben, in dem eine Büroangestellte des Verteidigers in dessen Auftrag um Aufhebung des Termins ersuchte, weil der Verteidiger erkrankt sei, fand dabei keine Berücksichtigung. Es erreichte den zuständigen Richter erst im Nachgang zur Hauptverhandlung.
Der Betroffene hat mit Schriftsatz seines Verteidigers am 17. Februar 2021 Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Sachrüge wurde erhoben und in formeller Hinsicht die Fehlerhaftigkeit der Verwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG gerügt mit der Begründung, der Einspruch habe nicht verworfen werden dürfen und das Verwerfungsurteil setze sich nicht damit auseinander, ob aufgrund der Verhinderung des Verteidigers Anlass bestanden habe, das Ausbleiben des Betroffenen als entschuldigt anzusehen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat in ihrer Stellungnahme vom 17. März 2021 darauf angetragen, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Der Betroffene hat über seinen Verteidiger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
II.
Die Rechtsbeschwerde erweist sich als im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 und 3 StPO offensichtlich unbegründet.
1.
Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG, einschließlich der Frage einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), kann nur aufgrund einer den Vorschriften der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Verfahrensrüge erfolgen, deren hiernach erforderliche Form indes vorliegend nicht gewahrt ist.
Nach § 74 Abs. 2 OWiG hat das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen, wenn der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausbleibt, obwohl er von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen nicht entbunden war. Dabei kann der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde nur die fehlerhafte Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG auf den in der Hauptverhandlung bekannten oder erkennbaren "alten" Sachverhalt rügen (OLG Koblenz, Beschl. 1 SsBs 93/12 v. 25.09.2012 m.w.N.; Beschl. 2 OWi 4 SsBs 78/16 v. 21.11.2016). Eine Entscheidung gemäß § 74 Abs. 2 OWiG wird auf die Rechtsbeschwerde nur daraufhin überprüft, ob der rechtzeitig erhobene Einspruch zu Recht als unbegründet verworfen wurde, weil der Betroffene trotz nachgewiesener Ladung ohne genügende Entschuldigung und mangels Entbindung von der Verpflichtung zum Termin zu erscheinen, zum Hauptverhandlungstermin nicht erschienen ist. Die Beurteilung, ob das Ausbleiben eines Betroffenen genügend entschuldigt ist, obliegt dem Tatrichter. Das Rechtsbeschwerdegericht kann lediglich überprüfen, ob der Tatrichter die Entschuldigungsgründe, die im Zeitpunkt des Urteilserlasses in Betracht kamen, überhaupt einer sachlichen Prüfung unterzogen und ob er dabei den Rechtsbegriff der nicht genügenden Entschuldigung richtig angewandt hat.
Maßgeblich ist dabei nicht, ob sich der Betroffene entschuldigt hat, sondern ob er tatsächlich entschuldigt ist. Das Amtsgericht muss, wenn ein konkreter Hinweis auf einen Entschuldigungsgrund vorliegt, dem im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht nachgehen (OLG Hamm, Beschl. 4 Ss OWi 731/08 v. 02.10.2008 - juris). Hierzu muss vor der Hauptverhandlung ein Sachverhalt mitgeteilt werden, der geeignet ist, das Ausbleiben des Betroffenen genügend zu entschuldigen (vgl. KK-OWiG/Senge, 5. Aufl. § 74 Rn. 35).
Ei...