Verfahrensgang
AG Mainz (Beschluss vom 11.05.1999; Aktenzeichen 35 F 174/96) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Mainz vom 11. Mai 1999 abgeändert.
Der Antrag der Antragstellerin ein Umgangsrecht mit dem Kind B. O. einzuräumen wird zurückgewiesen.
2. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Es bleibt bei der Kostenentscheidung 1. Instanz.
3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die Eltern des Kindes B. sind geschieden. Dem Vater wurde die elterliche Sorge für B. übertragen. Die Mutter ist wieder verheiratet und lebt in den USA, wo B. sie regelmäßig besucht. Die Antragstellerin ist B. Großmutter mütterlicherseits. Von Geburt an bis nach der Scheidung im Jahre 1994 hatte das Kind – auf Veranlassung seiner Mutter – keinen Kontakt zur Großmutter, wohl aber zu übrigen Mitgliedern der Familie der Mutter. Die Antragstellerin lernte B. erst kennen anläßlich von Besuchen bei ihrer Tochter, zu der sie inzwischen wieder Verbindung aufgenommen hatte. Sie begehrt nunmehr die Einräumung eines Umgangsrechts.
Das Amtsgericht räumte ihr nach Anhörung des Kindes und der übrigen Beteiligten (mit Ausnahme der Mutter) durch den angefochtenen Beschluß ein solches alle sechs Wochen ein, im wesentlichen mit der Begründung, B. habe sich für einen solchen Umgang ausgesprochen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Diese ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 621 e Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. §§ 516, 519 Abs. 1 u. 2 ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg.
Nach der am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Regelung des § 1685 BGB wurde erstmals ein Umgangsrecht für Personen außerhalb des Eltern-Kind-Verhältnisses geschaffen, wobei der Personenkreis auf Großeltern und Geschwister und Stiefeltern und Pflegeeltern beschränkt wurde, also auf solche Bezugspersonen, die dem Kind in der Regel besonders nahestehen. Großeltern haben ein Recht auf Umgang, wenn dieser dem Wohle des Kindes dient (§ 1685 Abs. 1 BGB). § 1685 ist in engem Zusammenhang mit § 1626 Abs. 3 S. 2 BGB zu betrachten und auszulegen; die Vorschrift muß ganz aus dem Blickwinkel des Kindes und seines Wohls gesehen werden. Zwar werden den in § 1685 genannten Personen subjektive Rechte verliehen, aber in erster Linie nicht um ihrer selbst, sondern um des Kindes Willen (vgl. Jaeger in Johannsen-Henrich, Eherecht, 3. Aufl. Rdnr. 1 zu § 1685 BGB). Es wird nicht von vornherein typisiert vermutet, der Umgang mit den Verwandten diene dem Kindeswohl, dies ist vielmehr positiv nachzuweisen, wobei der das Umgangsrecht Begehrende die Feststellungslast trägt (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 58. Auflage, Rdnr. 9 zu § 1685, Rauscher, Das Umgangsrecht im Kindschaftsreformgesetz, FamRZ 1998, 329, 337).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist hier die Anordnung eines Umgangsrechts der Antragstellerin (jedenfalls derzeit) nicht angezeigt. Grundsätzlich wird man zwar bei derart nahen Verwandten wie Großeltern nach der Lebenserfahrung darauf abstellen können, ein Umgang mit dem Kinde sei diesem förderlich. In vorliegendem Fall gebietet die Sachlage jedoch eine abweichende Würdigung. Denn hier wurde der Kontakt zur Antragstellerin in den ersten fünf Lebensjahren von deren eigener Tochter unterbunden. Erst später zunächst im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren und einem Verfahren wegen Entziehung Minderjähriger (jetzt § 235 StGB) gegen die Mutter, sah die Antragstellerin B. erstmals und in dann in der Folge zweimal in T. und einmal in W. anläßlich von Besuchen B. bei seiner Mutter (vgl. die Antragsschrift). (Gegen diese Kontakte zwischen der Antragstellerin und B. am Wohnort der Mutter wendet sich der Antragsgegner nicht einmal). Von daher besteht fraglos keine Beziehung, wie sie sonst zwischen Großeltern und Kindern üblich ist. Deshalb kann nicht ohne weiters vermutet werden, der Umgang entspreche dem Wohle des Kindes.
Allerdings äußerte sich B. bei seiner Anhörung durchaus in dem Sinne, Kontakt mit seiner Großmutter haben zu wollen, „die sei nett.” Auch der Antragsgegner räumt diesen Wunsch des Kindes ein. Der Kindeswille ist bei der Entscheidung durchaus in erheblichem Maße zu berücksichtigen (vgl. Jäger in Johannsen-Henrich, Eherecht, 3. Aufl. Rdnr. 6 zu § 1685 BGB).
Problematisch und letztlich ausschlaggebend ist die Tatsache, dass der allein sorgeberechtigte Vater den Umgang, zumindest soweit er regelmäßig ist, nicht gestatten will. Und sein Erziehungsrecht genießt grundsätzlichen Vorrang (Jaeger, a.a.O.). Bestehen hier Interessengegensätze zwischen Eltern oder einem Elternteil, kommen Belastungen auf das Kind zu, was grundsätzlich dazu führt, dass die in § 1685 vorgesehen Umgangsrechte zurücktreten. In der Regel wird es zwar nicht dazu kommen dürfen, dass die „Obstruktion siegt” (vgl. Rauscher, a.a.O., der diese Möglichkeit durchaus bejaht), weil immer auch die Motivation für die...