Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 23.04.2020) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird Ziffer 3 des Beschlusses der 4. großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Koblenz vom 23. Juni 2020 in Gestalt des Beschlusses vom 1. Dezember 2020 insoweit aufgehoben, als darin die Fertigung von Kopien anderer als der folgenden Asservate gestattet wird:
ES 1/1, ES 1/2, ES 1/4 und ES 1/5 sowie Objekt 2.2 Nr. 14 (soweit nicht bereits durch Ziffer 1. des Beschlusses vom 1. Dezember 2020 ausgenommen), 17 und 18.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Nach Teilabtrennung aus dem Verfahren 2050 Js 27460/15 wird mit Anklageschrift vom 12. Juli 2018 betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. März 2017 dem Angeklagten L. gewerbsmäßiger Betrug in 37 Fällen sowie Computerbetrug in 180 Fällen zum Nachteil der D. AG bzw. der Firma C. GmbH (§§ 263 Abs. 1 u. 3, 263a Abs. 1 u. 2, 25 Abs. 2, 53, 54 StGB), den Angeklagten S., T. und Ö. teilweise Beteiligung (§§ 263 Abs. 1 u. 3, 263a Abs. 1 u. 2, 25 Abs. 2, 27 Abs.1, 52, 53, 54 StGB) hieran, den Angeklagten Ö. und T. darüber hinaus Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO) und dem Angeklagten T. des Weiteren das Vorenthalten von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen (§ 266a Abs. 1 u. 2 StGB) vorgeworfen.
Der Angeklagte L. soll als Betriebsleiter der Region W. bei der Firma C. GmbH, welche im Wesentlichen im Bereich der Briefkonsolidierung, also der Abholung und Sortierung von Briefen im Vorfeld der Weiterbeförderung durch die D. tätig ist, ein betrügerisches System errichtet haben, mittels dessen durch Einschaltung der Firmen der weiteren Angeklagten als Subunternehmer und das Erstellen von Abdeckrechnungen die Sortierung und Einlieferung entsprechender Briefmengen vorgetäuscht worden sein soll. Die D. AG soll für die fingierten Briefeinlieferungen dann Portorabatte an die C. GmbH ausgekehrt haben, welche diese wiederum teilweise infolge entsprechender Einwirkung des Angeklagten L. auf das Datenverarbeitungssystem der Firma C. an die Subunternehmer automatisiert weitergegeben haben soll. Über diese sollen nach Abzug einer Provision die Beträge an den Angeklagten L. persönlich gelangt sein. Die weiteren Vorwürfe betreffen im Wesentlichen Vorgänge in den Firmen der Angeklagten Ö. (Steuerhinterziehung) und T. (Steuerhinterziehung und Vorenthalten von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen). Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Anklageschrift vom 12. Juli 2018 Bezug genommen.
Im Rahmen von zahlreichen Durchsuchungen im Ausgangsverfahren 2050 Js 27460/15 erfolgte die Sicherstellung zahlreicher Datenträger bzw. teilweise die Sicherung derselben, wobei eine Datenmenge von ca. 12 TB gesichert wurde, was in Dokumentenseiten gerechnet in etwa dem Inhalt von 15.600 gefüllten Aktenschränken entspricht (https://www....).
Mit Beschluss vom 14. September 2018 hat die 4. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Koblenz die Anklage vom 12. Juli 2018 mit geringfügigen Änderungen zugelassen und mit Verfügung vom selben Tage den Beginn der Hauptverhandlung auf den 4. Oktober 2018 bestimmt. Die zwischenzeitlich durchgeführte Hauptverhandlung wurde aufgrund der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft infolge der Fortführung ihrer Ermittlungen bzw. Auswertung der elektronischen Asservate im Ausgangsverfahren 2050 Js 27460/15 Unterlagen in großem Umfang erst während der laufenden Hauptverhandlung vorlegte, auf Antrag der Angeklagten L. und S. nach 24 Verhandlungstagen durch Beschluss der Kammer vom 23. April 2019 gem. § 265 Abs. 4 StPO ausgesetzt.
Mit Verfügung vom 10. September 2019 teilte die Staatsanwaltschaft den Verteidigern mit, dass die entsprechenden Asservate in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft zu den üblichen Öffnungszeiten zur Besichtigung vorgehalten würden und die zur Besichtigung erforderliche Software (insbesondere X-Ways-Forensics) auf dem dort bereitgestellten Rechner aufgespielt sei.
Mit Schriftsatz vom 12. November 2019 bat Rechtsanwalt L. als Verteidiger des Angeklagten L. um Auskunft, inwieweit durch technische Vorkehrungen sichergestellt sei, dass die Verteidigungsstrategie anhand einer bei der Einsichtnahme möglicherweise hinterlassenen "elektronischen Spur" nicht für die Ermittlungsbehörden erkennbar werde. Zudem bat er um Ermöglichung der Erstellung von Ausdrucken. Die Staatsanwaltschaft teilte daraufhin mit, dass der IT-Fahnder des Finanzamtes M. die Software X-Ways-Forensics "wahrscheinlich" so einstellen könne, dass die festgestellte Markierung von bereits eingesehenen Dokumenten nicht mehr erfolge. Ungeachtet dessen stelle eine zielgerichtete Sichtung der Ermittlungsbehörden diesbezüglich eine dokumentationspflichtige Ermittlungshandlung dar, welche aufgrund der damit einhergehenden elementaren Beschneidung der Rechte der Verteidigung bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht komme. Ausdrucke von Dokumenten aus den elektronischen Asser...