Leitsatz (amtlich)
1. Eine Partei (auch der Nebenintervenient) kann in der Regel allein mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwerts Beschwerde einlegen. Eine Ausnahme gilt, wenn mit der erstrebten Neufestsetzung der Einzelstreitwerte zugleich eine Verbesserung der im Rahmen der Kostengrundentscheidung auferlegten Kostenquote erreicht werden soll.
2. Bei der Streitwertbemessung in Wohnungseigentumssachen ist dem Gericht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (§ 49a GKG) eine Interessenabwägung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen übertragen. Das Beschwerdegericht hat die Entscheidung des Prozessgerichts in vollem Umfang nachzuprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Im Verfahren der weiteren Beschwerde beschränkt sich die Nachprüfung hingegen regelmäßig darauf, ob das Beschwerdegericht das ihm zustehende Ermessen überhaupt ausgeübt, die gesetzlichen Grenzen eingehalten und alle wesentlichen Gesichtspunkte in einer dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage Rechnung tragenden Weise einbezogen hat.
Normenkette
GKG § 49a Abs. 1, § 66 Abs. 4, § 68 Abs. 1; RVG § 32 Abs. 2 S. 1; WEG § 49 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 04.11.2009; Aktenzeichen 2 T 543/09) |
AG Trier (Aktenzeichen 6 C 420/08. WEG) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden der Streithelferin der Beklagten und des ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des LG Koblenz (Einzelrichter) vom 4.11.2009 (in Verbindung mit dem Beschluss vom 23.12.2009, berichtigt durch Beschluss vom 27.1.2010) in der Fassung des Beschlusses des LG Koblenz (Kammer) vom 12.3.2010 werden zurückgewiesen.
Gründe
I. Das Beschwerdeverfahren betrifft die Streitwertfestsetzung in einem Wohnungseigentumsverfahren.
Die Kläger hatten jeweils Anfechtungsklagen gegen bestimmte Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 4.10.2008 erhoben; dort war u.a. der Entzug des Eigentums und des Stimmrechts der Kläger zu 1., zu 3., zu 4. und zu 5. (TOP 1A) mehrheitlich beschlossen worden (Protokoll Bl. 84 ff. GA). Das AG hat die Prozesse verbunden; die Beklagten wurden durch die (ehemalige) Verwalterin als Streithelferin unterstützt. Mit Urteil vom 3.3.2009 (Bl. 161 ff. GA), berichtigt durch Beschluss vom 3.3.2009 (Bl. 174 f. GA), hat das AG die angegriffenen Beschlüsse überwiegend für ungültig erklärt (TOP 1A, TOP 4 [Abberufung/Neubestellung des Verwaltungsbeirats], TOP 8 [Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwaltungsbeirat] und TOP 9 [Wechsel des Ablese-/Abrechnungsunternehmens]); die Klage der Kläger zu 1. und 2. betreffend TOP 1B (Ablehnung der von den Beiräten übersandten Tagesordnung) sowie die Klage der Kläger zu 4. und 5. betreffend TOP 2 (Genehmigung der Jahresabrechnung 2007) wurden abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen den Klägern zu 4. und 5. sowie der Streithelferin, insofern gestützt auf § 49 Abs. 2 WEG (grob fahrlässige Herbeiführung des Beschlusses TOP 1A), verhältnismäßig aufgeteilt; der Streitwert wurde unter Anwendung des § 49a GKG auf insgesamt 170.200 EUR festgesetzt.
Gegen die Kostentscheidung sowie die Festsetzung des Streitwerts hat die Streithelferin (sofortige) Beschwerde eingelegt; die (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben Streitwertbeschwerde aus eigenem Recht eingelegt. Das LG - Einzelrichter - hat mit Beschluss vom 4.11.2009 (Bl. 296 ff. GA) den "Gesamtstreitwert des erstinstanzlichen Verfahrens" auf insgesamt 182.536,75 EUR festgesetzt; über die Beschwerde der Streithelferin gegen die Kostenentscheidung wird gesondert im Verfahren LG Koblenz - 2 T 762/09 - entschieden werden (Verfügung Bl. 295 GA). Auf entsprechende Gegenvorstellungen hat das LG - Einzelrichter - mit Beschluss vom 23.12.2009 (Bl. 335 ff. GA), berichtigt durch Beschluss vom 27.1.2010 (Bl. 337a ff. GA), die weitere Beschwerde zugelassen, die nachfolgend von beiden Beschwerdeführern jeweils eingelegt wurde. Nach Rückleitung durch den Senat hat das LG - Einzelrichterin - mit Beschluss vom 9.3.2010 (Bl. 408 f. GA) das Beschwerdeverfahren zur Abhilfeentscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen. Das LG - Kammer - hat sodann mit Beschluss vom 12.3.2010 (Bl. 410 ff. GA) der weiteren Beschwerde der (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten der Beklagten teilweise abgeholfen und den Streitwert auf insgesamt 212.404,15 EUR festgesetzt; im Übrigen wurde den Rechtsmitteln der Beschwerdeführer nicht abgeholfen.
Die Streithelferin verfolgt die Überprüfung der Auslegung und Anwendung der Wertvorschrift des § 49a Abs. 1 GKG durch die Instanzgerichte. Der Streitwert für das vorliegende Wohnungseigentumsverfahren müsse sachgerecht auf insgesamt 170.821,49 EUR [einschl. der nicht angegriffenen Wertfestsetzung zu TOP 1B] festgesetzt werden, wobei insofern die in der angefochtenen Entscheidung ausgeworfenen Einzelstreitwerte für TOP 1 auf 34.000 EUR zu vermindern ("unterste Stufe des Entziehungsvorhabens"; Entzug lediglich des Stimmrechts für die gegenständliche Versammlung) sowie die Einzelstreitwerte für TOP 2 auf 107.497,94 ...