Leitsatz (amtlich)

1. Stellt die Gerichtsvollzieherin der Schuldnerin einen von den Gläubigern erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu, ist ein Antrag nach § 23 EGGVG zur Überprüfung dieser Maßnahme nicht zulässig.

2. Auch wenn die Gerichtsvollzieherin im Rahmen des § 829 Abs. 2 S. 2 ZPO nur als Zustellorgan tätig wird, handelt sie dennoch im Zuge einer laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme, für deren Überprüfung verschiedene Rechtsbehelfe innerhalb des laufenden Vollstreckungsverfahrens zur Verfügung stehen (§§ 766, 767, 793 ZPO).

 

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert wird auf bis zu 25.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsgegner betreiben gegen die Antragstellerin aus zwei Kostenfestsetzungsbescheiden die Zwangsvollstreckung. Am 25.08.2020 hat die Gerichtsvollzieherin S. der Antragstellerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17.08.2020 zugestellt. Dagegen hat die Antragstellerin Erinnerung eingelegt, der die Gerichtsvollzieherin nicht entsprochen hat.

Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 14.10.2020 Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum Oberlandesgericht gestellt, da für Maßnahmen des Gerichtsvollziehers außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf Antrag das Oberlandesgericht für eine Rechtmäßigkeitskontrolle zuständig sei.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, da er sich bereits nach § 23 Abs. 3 EGGVG als nicht statthaft erweist.

Im Ansatz noch zutreffend verweist die Antragstellerin darauf, dass über die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen des Gerichtsvollziehers außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf Antrag das Oberlandesgericht entscheidet (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 1976, 54). Entgegen ihrer Auffassung liegt hier indes keine Maßnahme der Gerichtsvollzieherin "außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens" vor. So ist die Gerichtsvollzieherin hier nach § 829 Abs. 2 S. 2 ZPO tätig geworden, also nicht nur nach der Stellung der Regelung im Gesetz, sondern auch nach deren konkreter Ausgestaltung gerade im Zuge einer laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme.

Dass die Gerichtsvollzieherin selbst ihr Handeln dahingehend umschreibt, dass sie "in dieser Sache nur als Zustellorgan tätig" geworden sei, ändert an dieser Einschätzung nichts. Hierdurch hat die Gerichtsvollzieherin - im Hinblick auf die vielfältigen Einwände, die die Antragstellerin mit ihrer Erinnerung vorgebracht hatte - nur zu verstehen gegeben, dass ihrerseits keine eigene Vollstreckungsentscheidung getroffen worden sei, sondern sie nur die Zustellungsanweisungen seitens der Rechtspflegerin umgesetzt habe. Die von ihr vorgenommene Zustellung bleibt indes - anders als beispielsweise bei einer Zustellung nach § 132 Abs. 1 BGB - im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme.

Zur Überprüfung der von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände stehen nach §§ 766, 767, 793 ZPO aber verschiedene Rechtsbehelfe innerhalb des laufenden Vollstreckungsverfahrens zur Verfügung, über welche der Antragstellerin ein umfassender Rechtsschutz gewährt wird. Anders als in jenen Fällen, in welchen ein Antragsteller auf die - verweigerte - Mithilfe eines Gerichtsvollziehers für (beispielsweise) die Zustellung einer privaten Willenserklärung, einer titelumschreibenden vollstreckbaren Ausfertigung mit Nachweisurkunde (vgl. OLG Hamm, Rpfleger 2011, 93) oder die Verwertung eines Pfandes (vgl. OLG Nürnberg, MDR 2014, 165; OLG Düsseldorf, MDR 2008, 1365) angewiesen ist, für die die Verfahrens- und Prozessordnungen keinen gesonderten Rechtsschutz vorsehen, wird die Antragstellerin hier somit in die Lage versetzt, dass "die ordentlichen Gerichte bereits aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können" (§ 23 Abs. 3 EGGVG). In Folge dessen hat es mit diesen anderweitigen Rechtsschutzmöglichkeiten aber "sein Bewenden".

Sowohl das behauptete Erlöschen der Vollstreckungsforderungen wie auch die angeblich fehlenden Unterschriften und die unter einer angeblich unzutreffenden Anschrift erfolgte Zustellung können - wenn auch auf unterschiedlichem Wege - über die aufgezeigten Rechtsbehelfe nach §§ 766, 767, 793 ZPO geltend gemacht werden. Eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung bedarf es daneben nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 30 EGGVG; eine ausnahmsweise Erstattung der außergerichtlichen Kosten, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, ist nicht geboten. Die Festsetzung des - an der zu vollstreckenden Forderung orientierten - Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 1 GNotKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14262369

JurBüro 2021, 164

ZAP 2021, 31

DGVZ 2021, 66

MDR 2021, 122

FoVo 2021, 99

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