Leitsatz (amtlich)
Der in einer Ehesache beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte kann für die außergerichtliche Streitbeilegung einer nicht gerichtsanhängigen Folgesache aus der Staatskasse keine Vergütung verlangen (Anschluss an OLG Koblenz [11. ZivS] FamRZ 2016, 659 und OLG Koblenz Beschluss vom 22.12.2014 - 9 WF 1271/12).
Normenkette
FamFG § 48 Abs. 3; RVG-VV Ziff. 1000
Verfahrensgang
AG Andernach (Beschluss vom 19.02.2015) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Andernach vom 19.02.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Durch Beschluss vom 18.03.2014 hat das AG dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für das einvernehmliche Ehescheidungsverfahren bewilligt und die Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet; als Folgesache war lediglich der Versorgungsausgleich anhängig. Am 06.08.2014 haben sich die Beteiligten außergerichtlich in einem notariellen Ehevertrag (Urk. R. Nr...; Notar Dr...) über die elterliche Sorge, den Güterstand, Zuwendungen, Vermögensauseinandersetzung einschließlich Grundbesitzübertragung, Ehewohnung/Hausrat, Kindes- und Ehegattenunterhalt sowie einen Erb- und Pflichtteilsverzicht geeinigt und den Vertrag zu den Akten gereicht. Nach Anhörung der Beteiligten zur Ehescheidung hat das AG die Ehe mit Beschluss vom 16.12.2014 geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.02.2015 hat das AG die den beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt und dabei die von ihnen geltend gemachte Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG für die außergerichtliche Einigung im Notarvertrag in Höhe von 670,50 EUR (aus einem Gegenstandswert von 110.000 EUR) nebst darauf entfallender Mehrwertsteuer abgesetzt. Hiergegen richtet sich die als Erinnerung bezeichnete und vom AG auch zunächst so behandelte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers. Sie sind der Auffassung, dass die Einigungsgebühr auch bei außergerichtlichen Vereinbarungen über die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Gegenstände aus der Staatskasse zu erstatten ist.
II. Die zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist nicht begründet.
Das AG hat die aus der Staatskasse an die Antragstellervertreter zu zahlende Vergütung zu Recht um die Einigungsgebühr für die außergerichtliche Einigung über die Vermögensauseinandersetzung, den Unterhalt und die elterliche Sorge (Werte laut Kostenrechnung des Notars: 100.000 EUR + 5.000 EUR + 5.000 EUR) nebst hierauf entfallender Mehrwertsteuer gekürzt.
Zwar betrifft der notarielle Vertrag, soweit die Einigungsgebühr verlangt wird, mit Ausnahme der reinen Grundstücksübertragung die in § 48 Abs. 3 RVG benannten Angelegenheiten, auf die sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einer Ehesache bei Abschluss eines Vertrages im Sinne der Nummer 1000 VV RVG erstreckt. Ob sich dies bei außergerichtlicher Einigung aber nur auf anhängige oder auch nicht anhängige Folgesachen bezieht, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Der Senat schließt sich der auch von anderen Familiensenaten des Oberlandesgerichts Koblenz vertretenen Auffassung an, wonach der in einer Ehesache beigeordnete Rechtsanwalt für die Mitwirkung an einem außergerichtlichen Vergleich über Folgesachen nach § 48 Abs. 3 RVG, die nicht anhängig waren, keine Vergütung aus der Staatskasse beanspruchen kann (OLG Koblenz [11. ZivS - 3. FamS] FamRZ 2016, 659; OLG Koblenz [9. ZivS - 2. FamS] Beschluss vom 22.12.2014 - 9 WF 1271/12 -; so auch so auch Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Aufl. 2014, Rn. 706; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 802).
Grundsätzlich erfolgt die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur für das gerichtliche Verfahren, denn die Verfahrenskostenhilfe ist eine finanzielle Hilfe zur Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens, um das sozialstaatliche Gebot einer weitgehenden Gleichstellung wirtschaftlich Starker und Schwacher im Rechtsschutzbereich zu verwirklichen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Sonderregelung des § 48 Abs. 3 RVG, der die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten auf anhängige Folgesachen ausweitet und insoweit klarstellt, dass sich die Beiordnung bei den aufgezählten Folgesachen auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten erstreckt. Die gesetzliche Regelung bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass - systemwidrig - die Beiordnung des Rechtsanwalts auf außergerichtliche Tätigkeiten, die außergerichtliche (also nicht anhängige) Streitgegenstände betreffen, automatisch ausgedehnt werden soll (OLG Koblenz FamRZ 2016, 659). Dies kann daher nur durch ausdrückliche Beiordnung auch hinsichtlich solcher Angelegenheiten nach entsprechender Prüfung durch das Gericht erfolgen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit einer Regelung der seit langem diskutierte Streitfrage, inwieweit eine außergerichtliche Streitbeilegu...