Verfahrensgang

StA Koblenz (Aktenzeichen 2010 Js 39831/01 Ns)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der 7. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 2. Juli 2004 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Strafvereitelung im Amt in sechs Fällen sowie wegen Versuchs dieses Delikts in 32 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

Auf die Berufung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise aufgehoben und den Angeklagten nur noch wegen sieben Fällen der versuchten und neun Fällen der vollendeten Strafvereitelung, nunmehr aber zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe hat es gleichfalls zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen.

a)

Der Verurteilung liegen im Wesentlichen folgende Feststellungen und Erwägungen der Kammer zugrunde:

Der nicht vorbestrafte Angeklagte ist seit 1978 bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach als Rechtspfleger tätig und war dort zur Bearbeitung von Strafvollstreckungssachen eingesetzt. Nach zunächst guten dienstlichen Leistungen und Wahrnehmung von Geschäftsleiteraufgaben in den Jahren 1993 und 1994 fiel er den Dienstvorgesetzten im Jahre 1995 durch Unregelmäßigkeiten in der Sachbearbeitung auf. In seinem Dienstzimmer hatte sich ein hoher Aktenbestand gebildet. Entscheidungen wurden nicht zügig getroffen und Fristen versäumt. Auf Ermahnungen durch den Leiter der Vollstreckungsabteilung reagierte er uneinsichtig und verwies auf seine Unabhängigkeit als Rechtspfleger. Im Jahre 1997 wurde er dienstlich wie folgt beurteilt:

"Seine Entschlusskraft entspricht indessen nicht immer den Anforderungen, da er zunehmend zu viel Zeit auf Einzelentscheidungen verwendet, die auch unter schwierigeren Umständen zügiger und rationeller zu treffen wären".

Darüber war der Angeklagte gekränkt. Er fühlte sich ungerecht behandelt und ging nunmehr zu einer Verweigerungshaltung über. Er arbeitete langsam und überzog sein Arbeitszeitkonto. Im Jahre 1999 boykottierte er die EDV-Schulung. Die ihm im November und Dezember 1999 zugewiesene Unterstützung durch einen weiteren Rechtspfleger nutzte er nicht. Er setzte seine bewusst nachlässige Arbeitsweise fort. Von Juli 2001 bis 1. November 2003 war er wegen psychischer und alkoholbedingter Probleme krankgeschrieben. Seit Anfang April 2004 ist er erneut dienstunfähig erkrankt. Eine vorangegangene Alkoholtherapie war ohne Erfolg geblieben.

In sechzehn, im Einzelnen festgestellten Fällen traf der Angeklagte die zur Förderung der Strafvollstreckung gebotenen Verfügungen oder Maßnahmen nicht. Dadurch wurde die Vollstreckung von Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen oder Freiheitsstrafen in neun Fällen erheblich verzögert. In einem Fall kam es zum Eintritt der Strafvollstreckungsverjährung (Fall 25). In zwei Fällen (Fälle 31, 33) musste die Staatsanwaltschaft für Bewährungsstrafen trotz erneuter Straffälligkeit des Verurteilten in der Bewährungszeit Straferlass beantragen, weil infolge von Versäumnissen des Angeklagten ein Widerruf nicht rechtzeitig beantragt worden war. In sieben Fällen blieb es ungewiss, ob durch die Aktenbearbeitung des Angeklagten im Ablauf der Strafvollstreckung Verzögerungen eingetreten waren. Die Taten ereigneten sich im Zeitraum von Januar 2000 bis Juli 2001. Für eine Tat (Fall 25) werden Versäumnisse des Angeklagten teilweise schon im Jahre 1998 und 1999 angenommen. In allen Fällen geht das Urteil davon aus, dass der Angeklagte als sichere Folge seines Verhaltens zumindest eine deutliche oder wesentliche Vollstreckungsverzögerung vorhersah.

Der Angeklagte hat die festgestellte Aktenbehandlung eingeräumt, jedoch in Abrede gestellt, damit wissentlich oder absichtlich eine Strafe vereitelt zu haben. Gründe für eingetretene Verzögerungen seien ein hoher Arbeitsanfall, seine gründliche Arbeitsweise, der Umgang mit dem neuen Computersystem und eine bestehende Alkoholproblematik gewesen. Dem ist die Kammer nicht gefolgt. Ihrer Auffassung nach hat sich der Angeklagte einer ordnungsgemäßen Erledigung seiner Aufgaben schuldhaft verweigert. Sie sieht in den Taten jeweils vollendete bzw. versuchte Strafvereitelung im Amt (§§ 258 Abs. 2, 258 a, 22, 53 StGB), begangen in der Begehungsform des Unterlassens (§ 13 Abs. 1 StGB).

b)

Von dreizehn dem Angeklagten weiter zur Last gelegten Strafvereitelungstaten hat die Kammer ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Diese Taten betreffen laut Urteil solche Fälle, in denen der Angeklagte eine Ausschreibung zur Festnahme unterließ. Eine Bestrafung scheitert nach Überzeugung der Kammer am fehlenden Nachweis vorsätzlichen Handelns. Bei Ausschreibungen sei s...

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