Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsparteien bei Energielieferung im DB-Netz (Privatbahnen)
Leitsatz (amtlich)
1. Entnimmt ein nach § 6 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) zugelassenes Eisenbahnverkehrsunternehmen, welches mit der DB Netz AG einen Bahntrassennutzungsvertrag abgeschlossen hat, durch den Stromabnehmer eigener oder angemieteter Elektrolokomotiven Energie aus dem Bahnstromnetz, kommt in aller Regel ein Energielieferungsvertrag durch schlüssiges Verhalten zwischen dem Betreiber des Bahnstromnetzes (DB Energie GmbH) und dem Eisenbahnverkehrsunternehmen zustande.
2. Das Vertragsangebot des Betreibers des Bahnstromnetzes auf Abschluss eines Energielieferungsvertrages liegt in der Bereitstellung von Strom in den Überleitungen zur jederzeitigen Entnahme mittels Stromabnehmers (Realofferte).
Als Adressat des Angebotes kommen in erster Linie nach § 6 AEG zugelassene Eisenbahnverkehrsunternehmen in Betracht, da nur diese auf Grund mit der DB Netz AG geschlossener Bahntrassennutzungsverträge berechtigt sind, Bahntrassen zu befahren.
Die Annahme des Vertragsangebotes durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen erfolgt durch den Bezug des Stromes über den Stromabnehmer der eingesetzten (eigenen oder angemieteten) Elektrolokomotiven durch schlüssiges Verhalten, § 151 S. 1 BGB.
3. Ein konkludenter Vertragsabschluss durch Entnahme von Energie kommt allerdings grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Bahnstromnetzbetreiber als Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, auf Grund dessen die Energielieferungen erbracht werden (im Anschluss an BGH v. 17.3.2004 - VIII ZR 95/03, BGHReport 2004, 998 = NJW-RR 2004, 928 ff. - Grundsatz des Vorranges des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses ggü. einem Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten).
Normenkette
BGB §§ 133, 151 S. 1, § 157; AEG § 6
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 12 O 67/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Koblenz vom 4.5.2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Klägerin im Berufungsverfahren zu tragen.
Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und die Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt als Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG das Bahnstromnetz und die Energieversorgung der Oberleitung, über die mobile Verbraucher den zum Betrieb der Triebfahrzeuge erforderlichen Strom entnehmen. Sie nimmt die Beklagte, ein nach § 6 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) zugelassenes Eisenbahnverkehrsunternehmen, das u.a. Ein- und Mehrtagesfahrten in Sonderzügen anbietet, auf Zahlung des Entgelts für die gelieferte Elektrizität im Zusammenhang mit der Durchführung von Fahrten des "Fun-Express" und des "Snow-Express" im Zeitraum von Januar bis November 2003 in Anspruch. Bei diesen Fahrten setzte die Beklagte von dem Streithelfer und einer Tochtergesellschaft der Streithelferin, der E. GmbH, gemietete Elektrolokomotiven als Zugwagen ein.
Zur Nutzung der Bahntrassen ist die Beklagte aufgrund eines mit der DB-Netz AG, einer weiteren Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG, geschlossenen Infrastrukturnutzungsvertrages vom 17./22.6.1999 berechtigt (Bl. 182 ff. GA).
Die Klägerin vertritt die Auffassung, durch die Stromentnahme sei mit der Beklagten konkludent ein Stromlieferungsvertrag geschlossen worden.
Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 88.021,87 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 66.732,08 EUR seit dem 18.9.2003 sowie aus weiteren 21.289,79 EUR seit dem 13.3.2004 zu zahlen.
Die Streithelfer haben sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält die Streithelfer als Eigentümer bzw. Halter der Lokomotiven, die den Strom unmittelbar entnommen haben, aufgrund vorrangiger mit der Klägerin geschlossener Verträge für zahlungspflichtig. Es existiere auch ein Handelsbrauch, wonach ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, welches mangels eigener Elektrolokomotiven solche anmieten müsse, den Strom stets und ausschließlich von dem Eigentümer bzw. Halter der Lokomotiven und nicht von dem Energielieferanten berechnet bekomme.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung Bezug genommen wird (Bl. 300 ff. GA), im Einvernehmen mit den Parteien zunächst über den Grund des Anspruchs entschieden und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Grunde nach die durch die Fahrten entstandenen Stromkosten an die Klägerin zu zahlen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Vortrag im We...