Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 11.12.1972; Aktenzeichen 11 O 414/71) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11. Dezember 1972 teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13,73 (i.W.: dreizehn 73/100) Deutsche Mark zu zahlen nebst 10% Zinsen aus 1.427,73 DM für die Zeit vom 1. Februar bis 1. Juli 1971, aus 1.026,98 DM für die Zeit vom 2. Juli bis 5. August 1971 und aus 13,73 DM ab 6. August 1971. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz haben die Klägerin 23/24 und die Beklagte 1/24 zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Doch wird den Parteien nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, und zwar der Klägerin in Höhe von 750,– DM und der Beklagten in Höhe von 100,– DM.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war Arbeitgeberin des bei einem Verkehrsunfall am 15.11.1970 schwer verletzten Arbeiters … P. Dieser war über den 24.12.1970 hinaus arbeitsunfähig. Die Klägerin begehrte von der Beklagten, der Haftpflichtversicherung des Schädigers, Erstattung der gemäss §§ 1, 2 LohnFG an P. geleisteten Zahlung. Mit Schreiben vom 7.1.1971 machte sie folgende Forderung geltend: 30 Tage × 90,06 DM = 2.701,30 DM zuzüglich 25% lohnbedingter Sozialaufwand und Steuern 675,33 DM, zusammen 3.376,63 DM, und bat um sofortige Regulierung. Mit Schreiben vom 15.6.1971 übermittelte sie der Beklagten Fotokopien der Lohnkonten P. und eine Abrechnung mit ihm vom Januar 1971. Darauf erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 25.6.1971 vorerst zur Zahlung von 655,50 DM (= 14 Tage a 48,25 DM) bereit und überwies den Betrag am 2.7.1971 an die Klägerin. Nachdem geklärt worden war, dass P. über den 4.12.1970 hinaus arbeitsunfähig war, erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 28.7.1971 zur Zahlung weiterer 1.015,25 DM (= 21 Tage a 48,25 DM) bereit und überwies den Betrag am 6.8.1971.
Wegen ihrer weitergehenden Forderung erhob die Klägerin im September 1971 die Klage. Sie hat vorgetragen: Sie habe an P. für 30 Tage den Lohn von täglich 90,06 DM weitergezahlt = 2.701,80 DM; hinzu kämen 25% lohnbedingter Sozialaufwand in Höhe von 675,45 DM. Letzterer umfasse:
Rentenversicherung |
229,72 DM |
Krankenversicherung |
103,68 DM |
Arbeitslosen-Versicherung |
17,51 DM |
1,5% Lohnsummensteuer |
40,52 DM |
1,62 % Beitrag zur Berufsgenossenschaft |
43,77 DM |
Personal- u. Verwaltungskosten für die Geltendmachung und Durchsetzung der Forderung (wegen der hartnäckigen Haltung der Beklagten seien 26 Schreiben erforderlich gewesen) |
240,– DM |
|
675,20 DM. |
P. der – unstreitig – das Arbeitsverhältnis am 13.10.1970 begonnen habe, habe sich in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befunden und deshalb im Durchschnitt täglich 13 3/4 Stunden gearbeitet. Diese Arbeitszeit hätte er auch in der folgenden Zeit erbracht.
Sie nehme Bankkredit in Anspruch, für den sie 10% Zinsen entrichten müsse.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.708,50 DM nebst 10% Zinsen seit dem 1.2.1971 zu zahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt und geltend gemacht: Es sei nicht glaubhaft, dass P. im Oktober 1970 täglich 13 3/4 Stunden gearbeitet habe. Selbst wenn das der Fall gewesen sein sollte, sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, bei der Lohnfortzahlung diese Überstunden mit zu berücksichtigen. Aus dem Lohnkonto P. ergebe sich nämlich – unstreitig –, dass ihm für die Zeit vom 1.–13.11.1970 nur 8,97 DM für Überstunden vergütet worden seien. Deshalb könne man nicht davon ausgehen, dass die regelmässige Arbeitszeit vor dem Unfall täglich 13 3/4 Stunden betragen habe. Der Zeitraum vom 13.10. bis 15.1.1970, in dem P. bei der Klägerin gearbeitet habe, sei zu kurz, um bereits eine regelmässige Beschäftigung durch Überstunden erkennen zu lassen; es sei ein Beurteilungszeitraum von mindestens drei Monaten erforderlich. Es müsse hiernach bestritten werden, dass die Klägerin an P. die behauptete Lohnfortzahlung geleistet habe. Bezüglich der lohnbezogenen Kosten habe die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keine Aufschlüsselung gegeben, weshalb die Berechtigung der entsprechenden Forderung nicht habe geprüft werden können. Beiträge zur Berufsgenossenschaft seien im Rahmen des § 4 LohnFG nicht übergangsfähig. Die behaupteten Verwaltungskosten seien der Klägerin nicht entstanden. Ein Verzug seit dem 1.2.1971 liege nicht vor. Sie, Beklagte, habe jeweils geleistet, nachdem die Ansprüche der Klägerin nachgewiesen worden seien. Ausserdem habe die Klägerin keinen Verzugs schaden erlitten.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen H. durch Urteil vom 11.12.1972 die Beklagte verurteilt, a...