Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Trägers der Straßenbaulast für Unfälle durch Straßenschäden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Träger der Straßenbaulast ist verpflichtet, den Verkehr auf Straßen, soweit dies mit zumutbaren Mitteln geschehen kann, gefahrlos zu gestalten, insbesondere den Verkehrsteilnehmer gegen unvermutete, sich aus der Beschaffenheit der Straße ergebende und für den Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres erkennbare Gefahrenquellen zu sichern oder zumindest vor diesem zu warnen.

2. Demgegenüber muss ein Verkehrsteilnehmer sich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet.

3. Ein Verkehrsteilnehmer muss nicht mit tiefen Schlaglöchern und Asphaltabplatzungen rechnen.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 28.08.2007; Aktenzeichen 2 O 275/05)

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers gegen das beklagte Land aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 29. Januar 2005 gegen 10.00 Uhr auf der Bundesautobahn A .. in Höhe der Abfahrt B... ereignet hat. Die Fahrbahn der Autobahn war im fraglichen Streckenabschnitt bereits seit längerer Zeit schadhaft, wurde aber zunächst nicht insgesamt saniert, weil die erforderlichen Haushaltsmittel dafür nicht zur Verfügung standen. Stattdessen hatte das beklagte Land im Abstand von einem Kilometer Warnschilder "Straßenschäden auf 5 km Länge" aufgestellt. Eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hatte es vor dem Unfall jedoch nicht angeordnet. Die Bediensteten des zuständigen Landesbetriebes führten aber zumindest alle zwei Tage Streckenkontrollen durch, indem sie mit einem Baufahrzeug mit 20 bis 30 km/h auf der Standspur die Strecke abfuhren, nach Löchern im Fahrbahnbelag suchten und diese gegebenenfalls rasch und regelmäßig ohne Fahrbahnsperrung mit Kaltasphalt auffüllten; die Verdichtung dieses mit einer Schaufel aufgetragenen Materials erfolgte danach durch die über diese Stelle fahrenden Kraftfahrzeuge. Ob das am Unfallort entstandene Schlagloch am Tage vor dem streitgegenständlichen Unfall auch in dieser Weise ausgebessert worden war, oder ob es sich um eine ältere Schadstelle handelte, an der ausschließlich früher eine - für sich genommen unstreitige - Teilreparatur der Fahrbahndecke durchgeführt worden war, war im Verfahren erster Instanz unklar gewesen.

Der Kläger befuhr die Autobahn mit seinem Pkw Mazda 6 aus Richtung K... kommend in Fahrtrichtung T.... Bei Kilometer 179,8 wirbelte ein dem Kläger vorausfahrendes Fahrzeug große Asphaltbrocken aus der früher bereits provisorisch sanierten Schadstelle auf, die umher flogen und mehrere Fahrzeuge beschädigten, darunter das Fahrzeug des Klägers. An der konkreten Stelle in der Fahrbahn war zur Unfallzeit ein Schlagloch von 20 cm Tiefe vorhanden oder es hatte sich durch die herausgebrochenen Asphaltbrocken gerade gebildet. Dem Kläger entstand durch den Vorfall unstreitig ein Sachschaden in Höhe von 5.454,35 Euro.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land habe seine Straßenverkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt und dadurch seinen Fahrzeugschaden verursacht. Die Schadstelle am Unfallort sei bereits längere Zeit vor dem Unfall erkennbar vorhanden gewesen, ohne dass eine ausreichende Sanierung der Fahrbahndecke durchgeführt worden sei. Die Streckenkontrolle sei nicht sorgsam durchgeführt worden. Falls durch die Mitarbeiter des Landesbetriebes Straßen und Verkehr des beklagten Landes am Tage vor dem Unfall eine Ausbesserung der Schadstelle durchgeführt worden sein sollte, seien die Reparaturarbeiten jedenfalls nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden. Auch habe es das beklagte Land pflichtwidrig versäumt, durch ein Warnschild auf die konkrete Schadstelle hinzuweisen. Der Kläger hat beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 5.454,35 Euro nebst Zinsen und weitere 278,06 Euro vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat behauptet, seine Streckenkontrollen seien sachgerecht und zeitnah durchgeführt worden. Die konkrete Schadstelle sei am Tage vor dem Unfall mit Kaltasphalt ausgebessert worden. Diese Methode sei - von der hier in Rede stehenden Witterung mit Bodenfrost unabhängig - zur Behebung kleinerer Schäden sachgemäß. Die Entstehung eines Schlaglochs von 20 cm Tiefe sei nicht nachzuvollziehen. Für seine Mitarbeiter sei die Entstehung einer solchen Unfallquelle nicht vorhersehbar gewesen. Die Aufstellung des Warnschildes "Straßenschäden auf 5 km Länge" sei eine ausreichende Sicherungsmaßnahme gewesen.

Das Landgericht hat ein Gutachten des Sachverständigen S... eingeholt und die im Parallelverfahren 2 O 239/05 LG Bad Kreuznach erhobenen Beweise mit Einverständnis der Parteien verwertet. Auf dieser Beweisgrundlage hat es der Klage durch Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer vom 28. August 2007 stattgegeben.

Das Landgericht hat angenommen, Schlaglöcher der hier in Rede stehenden Tiefe hätten auf Autobahnen "nich...

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