Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingeschränktes Leistungsanerkenntnis unwirksam, Zulässigkeit späterer Verweisung, Epilepsie bei Schreiner
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 31.03.2010; Aktenzeichen 16 O 117/08) |
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 31.3.2010 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.128,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.4.2008 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1.3.2008 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Lebensversicherungsnummer ... 99 von den Beiträgen von monatlich 88,68 EUR bis zum 1.9.2008 freizustellen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1.3.2008 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Lebensversicherungsnummer ... 28 von dem jährlichen Beitrag i.H.v. 613,55 EUR bis zum 1.9.2008 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz trägt der Kläger 75 %, der Beklagte 25 %. Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger 70 %, der Beklagte 30 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen.
Der Kläger unterhält bei dem Beklagten zwei Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. Der Vertrag Nr ... 99 begann am 1.7.1995, die Versicherung Nr ... 28 am 1.12.1995. Den Verträgen liegen die BBUZ 94 des Beklagten zugrunde. Nach den Verträgen sollten die Lebensversicherungsverträge beitragsfrei sein, wenn der Versicherungsnehmer zumindest 50 % berufsunfähig wird.
Bis zum 30.6.2003 war der Kläger als gelernter Schreiner bei der Firma beschäftigt. Er erlitt im November und Dezember 2001 vier epileptische Anfälle. Vom 24.11.2001 bis zum 22.4.2002 war er arbeitsunfähig erkrankt. Ab März 2003 war er von seinem damaligen Arbeitgeber von der Arbeit freigestellt worden. Wegen der epileptischen Anfälle und der damit verbundenen möglichen Selbstgefährdung bei der Arbeit mit Maschinen wurde der Kläger entlassen. Aufgrund ärztlicher Anordnung durfte er auch kein Fahrzeug führen.
Nachdem der Kläger am 31.3.2003 Leistungen aus den beiden Verträgen beantragt hatte, bot der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 6.10.2003 eine Vereinbarung an, wonach er freiwillig ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung - zunächst befristet bis zum 1.2.2006 - beide Lebensversicherungen beitragsfrei stellen wollte. Hintergrund der Vereinbarung war, dass der Kläger nach der Kündigung seines Arbeitgebers eine Umschulung zum Immobilienkaufmann plante. Im Schreiben heißt es u.a.:
"Wir haben daher nicht geprüft, ob Sie einen Verweisungsberuf ausüben könnten und in welchem konkreten Umfang berufsbezogene Funktionseinbußen vorliegen. Für die Dauer der Umschulung bieten wir Ihnen unsere finanzielle Unterstützung an ...
Auch wenn sich später herausstellen sollte, dass keine Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen vorliegt, fordern wir keine Leistung zurück.
Wir verweisen Sie nicht auf einen anderen Beruf ...
Wir leisten zunächst bis zum 1.2.2006. Sollte dann eine Berufsunfähigkeit bestehen, prüfen wir gerne, ob wir weitere Leistungen zahlen können ..."
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 6./16.10.2003 (Bl. 16 bis 18 d.A.) Bezug genommen. Der Kläger nahm diese Vereinbarung am 16.10.2003 an.
Von 2004 bis 2006 schulte der Kläger im Rahmen einer Nachqualifizierungsmaßnahme auf den Beruf als Grundstücks- und Wohnungswirtschaftskaufmann um. Am 19.6.2006 nahm er eine Tätigkeit als selbständiger Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft auf und hatte darüber hinaus eine Teilzeitanstellung bei der W. GmbH.
Mit Schreiben vom 9.1.2006 forderte der Beklagte vom Kläger Informationen zur Frage der Umschulung an und lehnte mit Schreiben vom 15.11.2007 weitere Leistungen ab, weil er eine epilepsiebedingte Berufsunfähigkeit von mehr als 50 % im Beruf des Schreiners und auch für den Beruf als selbständiger Kaufmann für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft für nicht gegeben halte. Auch aufgrund einer Mycosis fungoides läge keine Berufsunfähigkeit vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 15.11.2007 (Bl. 23 bis 25 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat vorgetragen, aufgrund seiner im November und Dezember 2001 erlittenen vier epileptischen Anfälle sei er seither an Epilepsie erkrankt und nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als angestellter Schreiner in der Firma A. dauerhaft und zumindest 50 % auszuüben. Die Vereinbarung zwischen den Parteien von Oktober 2003 sei unwirksam, da sie ihn in treuwidriger Weise benachteiligt habe. Der Beklagte hätte bereits im Oktober 2003 entscheiden müssen, ob er bedingungsgemäße Leistungen gewähre oder ablehne. Der Beklagte könne ihn auch nich...