Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 8 O 399/21)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 24.08.2022 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 15.703,19 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten sich darüber, ob die Beklagte dem Kläger aufgrund des Erwerbs des streitbefangenen Gebrauchtfahrzeugs der Marke ...[A] von einem Händler am 12.12.2016 zu einem Kaufpreis von 19.700,00 EUR zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil - wie vom Kläger behauptet - die Beklagte unzulässige Abschalteinrichtungen in dem von der Beklagten unstreitig hergestellten und im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motor des Typs EA 288 mit NSK-System und Schadstoffklasse EU 6 installiert habe.

Zweitinstanzlich beantragt der Kläger,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts zu erkennen:

1. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.703,19 EUR (Kaufpreis abzgl. der Nutzungsentschädigung mit Kilometerstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz) abzgl. einer weiter zu berechnenden vom Gericht auf Basis einer Gesamtlaufleistung von zumindest 300.000 Kilometern zu schätzenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Zugrundelegung des Kilometerstandes zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs ...[A] mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer ...,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des im Klageantrag zu 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet,

3. die Beklagte zu verteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.214,99 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II. Die nach §§ 511 ff. ZPO statthafte Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz ist im Übrigen zulässig, insbesondere gem. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Denn dem Kläger stehen gegen die Beklagte aufgrund des streitgegenständlichen Sachverhalts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geltend gemachten Schadensersatzansprüche auf Zahlung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung und Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges nebst Zinsen, Feststellung des Annahmeverzuges und Erstattung von Rechtsanwaltskosten zu. Auch die mit der Berufung geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Der Vortrag des Klägers ist unzureichend und gibt keinen Anlass zur Beweiserhebung.

1. Der Kläger kann den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG i.V.m. Richtlinie 2007/46/EG herleiten, da das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, weder im Aufgabenbereich des § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV noch im Aufgabenbereich des Art. 5 VO 715/2007/EG i.V.m. Richtlinie 2007/46/EG liegt (vgl. insoweit ausführlich zum fehlenden Schutzgesetzcharakter dieser Normen BGH, NJW 2020, 2798 ff. Rn. 10 ff.).

Gerade dieses Interesse sieht der Kläger vorliegend indes als verletzt an. Das hier maßgebliche Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt nämlich schon ganz offensichtlich nicht im Aufgabenbereich des Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007. Denn die betreffende Verordnung dient, wie sich aus ihren Erwägungsgründen ergibt, allein der Vollendung des Binnenmarktes durch Einführung gemeinsamer technischer Vorschriften zur Begrenzung der Emissionen von Kraftfahrzeugen sowie dem Umweltschutz, insbesondere der Verbesserung der Luftqualität. Erwähnt sind ferner die Senkung der Gesundheitskosten und der Gewinn zusätzlicher Lebensjahre. Demgegenüber fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die Verordnung, insbesondere ihr Art. 5, dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers dienen könnte (vgl. zu allem Vorstehenden, BGH, a.a.O., 2799 f., Rdnr. 12 f.).

Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (Art. 267 Abs. 3 AEUV) wegen der Auslegung der genannten Vorschriften ist bei alledem nicht veranlasst. Denn ein solches Ersuchen ist nur erforderlich, wenn sich eine entscheidungserhebliche und der einheitlichen Auslegung bedürfende Frage des Unionsrechts stellt. Das ist hier nicht der Fall. Die Rechtslage ist sowohl im Hinblick auf §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV als auch im Hinblick auf Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 von vornherein eindeutig (vgl. zu allem Vorstehenden BGH, a.a.O., Rdnr. 16, m.w.N.).

Aus denselben Gründen hält der Senat es ...

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