Normenkette

BGB §§ 31, 823 Abs. 2, § 826; EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 12.06.2019; Aktenzeichen 5 O 588/18l)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 12.06.2019, Az. 5 O 588/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Form der Rückgängigmachung des Erwerbs eines Gebrauchtwagens, der von der Beklagten mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 hergestellt und in Verkehr gebracht worden war.

Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen im Jahre 2012 erstzugelassenen VW Touran 2,0 TDI (Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ...21). Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typengenehmigung nach Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die Dieselmotoren der in dem Pkw verbauten Reihe EA 189 verfügten über eine Steuerungssoftware, die auf dem Prüfstand vom regulären Abgasrückführungsmodus 0 in den stickoxid-optimierten Modus 1 wechselt. Die Stickoxid-Emissionswerte auf dem Prüfstand waren hierdurch geringer als im regulären Fahrbetrieb.

Die Beklagte informierte die Öffentlichkeit mittels Pressemitteilung vom 22.09.2015 über die Verwendung der Steuerungssoftware mit Umschaltlogik in allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 und kündigte die Beseitigung der Abweichung in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt an. Über den damit verbundenen "Abgasskandal" wurde in allen nationalen und internationalen Medien ausführlich berichtet. Infolge der Problematik trat am 23.09.2015 der damalige Konzernchef ...[B] zurück. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Abgasproblematik informierte die Beklagte ihre Vertragshändler und Servicepartner sowie die anderen Konzernhersteller über den Umstand, dass Fahrzeuge mit EA 189-Motor über die Umschaltsoftware verfügen. Die Servicepartner wurden von ihr angewiesen, die Durchführung des Softwareupdates in den Fahrzeugunterlagen zu vermerken und mittels eines Aktionsaufklebers am Fahrzeug, etwa in der Reserveradmulde, zu kennzeichnen. Anfang Oktober 2015 richtete die Beklagte für Kunden eine Webseite ein, auf der diese sich durch die Eingabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer darüber informieren konnten, ob ihr Fahrzeug von der Abgasproblematik betroffen ist. Bejahendenfalls wurde mitgeteilt, dass der im Fahrzeug eingebaute Motor von einer Software betroffen ist, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf (NEFZ) optimiert. Auch über die Einrichtung der Webseite informierte die Beklagte im Wege einer Pressemitteilung; ausgehend hiervon wurde die Freischaltung der Internet-Abfrage-möglichkeit durch zahlreiche Medien an die Öffentlichkeit kommuniziert. Die Internetabfrage gab in der Folgezeit außerdem Auskunft darüber, ob das zur Beseitigung der Umschaltlogik erarbeitete Softwareupdate bei dem jeweiligen Fahrzeug bereits aufgespielt worden war oder nicht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Bekanntwerdens der Abgasproblematik wird auf die Ausführungen der Beklagten in der Berufungserwiderung vom 11.11.2019 (S. 8 ff. = Bl. 696 ff. d.A.) Bezug genommen.

Am streitgegenständlichen Fahrzeug wurde die ursprüngliche Umschaltlogik mit einem am 22.11.2016 aufgespielten Software-Update beseitigt.

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe den VW Touran 2,0 TDI im August 2016 mit einem Kilometerstand von 79.700 km zu einem Preis von 17.600 EUR gekauft. Damals seien ihm zwar der "Abgasskandal", nicht aber dessen konkrete Auswirkungen auf das streitgegenständliche Fahrzeug bekannt gewesen. Hätte er Kenntnis von der implementierten Abschaltvorrichtung und ihren Folgen gehabt, hätte er das Fahrzeug nicht erworben.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.600 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 12.08.2016 bis zur Rechtshängigkeit und seither fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ...21 zu zahlen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 18.12.2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstandes in Annahmeverzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.266,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine deliktische Haftung der Beklagten nach §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 831 BGB hat es mit der Begründung verneint, dass bei Vertragsschluss keine Täuschung vorgelegen habe, weil die Beklagte bereits n...

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