Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Werbung für Lotterien
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 3 Nr. 1; GlüStV § 5 Abs. 1, § 6
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 23.12.2008; Aktenzeichen 4 HK.O 133/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des LG Koblenz vom 23.12.2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Den Antragsgegnern wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1) zu vollziehen an dem jeweiligen Geschäftsführer, untersagt, bei Wettbewerbshandlungen auf dem Gebiet des Glücksspielwesens
1. bei der Bewerbung der Lotterie 6 aus 49 den möglichen Höchstgewinn (sogenannten Jackpot) mitzuteilen und/oder mitteilen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Zeitraum vom 22. bis 24.8.2008 geschehen und nachstehend wiedergegeben:
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2. bei der Bewerbung der Lotterie 6 aus 49 den in einer Annahmestelle erzielten Gewinn mitzuteilen und/oder mitteilen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Zeitraum vom 22. bis 24.8.2008 geschehen und nachstehend wiedergegeben:
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3. die Lotterie 6 aus 49 mittels Werbeträger ohne deutliche Hinweise auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die von dem jeweiligen Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr und Hilfsmöglichkeiten zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wie am 16.9.2008 geschehen und nachstehend wiedergegeben ist:
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4. Minderjährigen - beispielsweise durch den Verkauf von 1 EUR Losbrieflotterielosen - die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu ermöglichen.
Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Verfügungsklägerin 20 % und die Verfügungsbeklagten 80 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) hat von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) die Unterlassung der im Tenor dargestellten Werbung für die von der Beklagten veranstalteten Lottospiele verlangt. Darüber hinaus begehrt sie die Unterlassung, die Teilnahme an Lotterien in öffentlich zugänglichen Ladenlokalen zu bewerben und/oder zu vertreiben und/oder zu vermitteln und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wenn dies im Zusammenhang mit - bzw. ohne Abtrennung von - einem Süßwarenangebot erfolgt. Sie stützt ihren Unterlassungsanspruch auf den wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkt eines Gesetzesverstoßes i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, da die von ihr beanstandete Werbung gegen § 5 Abs. 1 und 2 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) verstoße. Das gleichzeitige Anbieten von der Teilnahmemöglichkeit an einem Glücksspiel neben dem Erwerb von Süßwaren stehe dem Ziel des GlüStV entgegen und stelle eine unlautere geschäftliche Handlung i.S.v. § 3 UWG dar.
Das LG hat dem Antrag der Klägerin teilweise stattgegeben. Soweit der Antrag zurückgewiesen wurde, verfolgt die Klägerin in der Berufungsinstanz ihre Anträge in vollem Umfange weiter. Dies betrifft die im Tenor zu 1) dargestellte Werbung sowie die Frage der Zulässigkeit des parallelen Vertriebs von Süßwaren und der Teilnahmemöglichkeit am Gewinnspiel.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Die Klägerin ist als Mitbewerberin auf dem Gebiet des Angebots von Glücksspielen, insb. von Lottospielen, aktivlegitimiert. Dies hat das LG zutreffend festgestellt. Auf die Begründung wird insoweit Bezug genommen, sie entspricht der Auffassung des Senats (vgl. auch Beschluss des 4. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 30.7.2008, 4 W 529/08).
Die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche ist nicht gem. § 8 Abs. 4 UWG unzulässig. Auch wenn die Klägerin bereits zuvor einen Unterlassungsantrag wegen des Internetauftritts der Beklagten gerichtlich geltend gemacht hat, liegt keine missbräuchliche Rechtsausübung vor. Gerade in Hinblick auf die für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit (§ 12 Abs. 2 UWG) ist die Klägerin gehalten, die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs nicht zu verzögern. Sie kann deshalb nach Bekanntwerden von Umständen, die nach ihrer Auffassung einen Unterlassungsanspruch begründen können, nicht abwarten, ob ihr künftig weitere Ansprüche bekannt werden.
Auch der Umstand, dass die Klägerin unstreitig bundesweit gegen Lottogesellschaften vorgeht, begründet keinen Rechtsmissbrauch. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche vorrangig dazu dienen soll, Aufwendungen und Kosten der Rechtsverfolgung zu Lasten der Beklagten entstehen zu lassen.
Die Berufung ist begründet, soweit die Klägerin ihren Antrag aufrechterhält, die Beklagte solle es unterlassen, bei der Bewerbung der Lotterie 6 aus 49 den möglichen Höchstgewinn mitzuteilen und/oder mitte...