Leitsatz (amtlich)

Eine Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten einer Bank liegt nicht vor, wenn der Kunde bei Geschäftsanbahnung bereits über ein besonderes Wissen auf dem Gebiet des Wertpapierwesens verfügt, von der Bank über die Risiken von Börsentermingeschäften aufgeklärt wird, Szenarien anhand von Videoaufnahmen und Aufzeichnungen der Sat 1- Telebörse durchgespielt werden, der Kunde im täglichen Kontakt mit der Bank steht, Geschäfte in Millionengrößenordnung tätigt, schließlich Verluste erleidet.

 

Normenkette

BGB § 1763 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 19.05.1999; Aktenzeichen 9 O 67/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 19. Mai 1999 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 40.000,– DM abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Haftung der Beklagten aus der behaupteten Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit vom Kläger getätigten Wertpapiergeschäften.

Der Kläger hatte ca. 450.000,– DM, die aus dem Verkauf eines geerbten Hauses stammten, bei der Volksbank W. in Standardaktien und festverzinslichen Wertpapieren angelegt. Im Frühsommer 1988 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Vorstandssprecher der VR-Bank R. eG (nachfolgend als Beklagte bezeichnet), die zwischenzeitlich mit der M. Volksbank fusioniert hat und nunmehr unter der Bezeichnung M. Volksbank eG firmiert (GA 460, 495) sowie einem damaligen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn Pfeifer statt. Man kam überein, dass der Kläger nunmehr sein Depot zu der Beklagten übertragen würde. Am 15.6.1988 eröffnete der Kläger bei der Beklagten ein Wertpapierdepot und übertrug am 26.8.1988 seinen Depotbestand, daneben noch von seiner bisherigen Hausbank einen Geldbetrag von 138.000,– DM.

Ab Oktober 1988 nahm der Kläger in zunehmendem Maße Börsentermingeschäfte wahr. Er stand dabei überwiegend in geschäftlichem Kontakt mit dem Mitarbeiter und Anlagenberater der Beklagten, dem Zeugen P. Wie sich dieser geschäftliche Kontakt im einzelnen gestaltete, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 23.1.1990 unterzeichnete der Kläger ein Formblatt der Beklagten „Wichtige Informationen über die Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften”.

Auch nach dem 23.1.1990 nahm der Kläger noch bis 1995 Börsentermingeschäfte wahr. Im Zusammenhang mit diesen Wertpapiergeschäften erlitt der Kläger erhebliche Verluste, für die er die Beklagte verantwortlich macht.

Der Kläger hat vorgetragen,

zwischen den Parteien sei ein Anlagenberatervertrag zustande gekommen und er habe nur deshalb Verluste erlitten, da die Beklagte ihrer daraus resultierenden Aufklärungspflicht im Hinblick auf das Risiko von Börsentermingeschäften nicht nachgekommen sei. Diese Aufklärungs- und Beratungspflichten des Kreditinstituts gingen über die Vortage eines Informationsblattes hinaus.

Der Kläger sei im Wertpapierhandel völlig unerfahren gewesen. Insbesondere habe er sich nicht mit Börsentermingeschäften ausgekannt. Die Initiative zum Kauf entsprechender Optionsscheine sei stets von dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Pfeifer, ausgegangen. Es sei sogar vorgekommen, dass der Zeuge P. ohne vorherige Rücksprache mit dem Kläger Optionsscheingeschäfte durchgeführt und sie sich erst nachträglich von ihm habe genehmigen lassen. In keinem Falle habe er, der Kläger, sich an den Zeugen P. gewandt und diesem dezidiert einen Wertpapierkaufauftrag über ein bestimmtes Wertpapier ohne jegliche Alternative erteilt. Der Zeuge P. sei überwiegend aus eigener Initiative telefonisch an den Kläger herangetreten und habe diesem den Erwerb diverser DTB-Optionen bzw. Optionsscheine empfohlen.

Aufgrund seiner Unerfahrenheit sei er beratungsbedürftig gewesen. Dies sei auch für die Beklagte erkennbar gewesen. Er habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, er bedürfe keiner Beratung. Die Beklagte, bzw. deren Mitarbeiter, hätten ihn nicht ordnungsgemäß über die Risiken von Börsentermingeschäften informiert. Planspiele, wie von der Beklagten behauptet, hätten nicht stattgefunden. Ebenso wenig habe man Lerneinheiten der SAT-Telebörse besprochen. Auch seien vor dem ersten Kauf mit dem Kläger keine Szenarien durchgespielt worden. Das Informationsblatt vom 23.1.1990 sei ihm lediglich per Post zugeschickt worden, ein Beratungsgespräch, in welchem der Inhalt des Informationsblattes erläutert worden wäre, habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Insbesondere sei nicht jede einzelne Position mit ihm durchgegangen worden. Zu keinem Zeitpunkt habe er sich als sein eigener Vermögensverwalter geriert oder ga...

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