Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung der Ausbildungsförderung
Leitsatz (redaktionell)
Kein Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungsförderung bei Mitverschulden der Anspruchstellerin im haftungsbegründenden Vorgang (§ 254 Abs. 1 BGB) bei Verzicht auf Widerspruch gegen Rückforderungsbescheid.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 1605; BAföG § 24 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Mainz (Urteil vom 25.11.2005; Aktenzeichen 35 F 103/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 25.11.2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten, ihrem Vater, die Erstattung der vom Land Hessen betreffend den Zeitraum August 2001 bis Juni 2002 (Internatsschule) zurückgeforderten und von ihr bereits teilweise erstatteten Ausbildungsförderung.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das AG hat mit Urteil vom 25.11.2005 (Bl. 88-92 GA) den Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt; es hat dabei maßgeblich auf die grundsätzliche Verpflichtung des Beklagten zum Ausbildungsunterhalt und den ihm ggü. der Bewilligungsbehörde obliegenden Nachweis über seine Einkommensverhältnisse abgestellt. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte verneint die Verletzung einer Mitwirkungsverpflichtung im BAföG-Verfahren und hebt im Besonderen hervor, dass bis heute die von ihm für das - hier maßgebliche - Veranlagungsjahr 1999 geschuldete Einkommenssteuer noch nicht rechtskräftig festgesetzt sei; über eine entsprechende Anfrage der Bewilligungsbehörde sei er im Übrigen vor dem Erlass des Rückforderungsbescheides vom 30.6.2003 - in dem sein Einkommen wesentlich zu hoch angesetzt worden sei und den die Klägerin daher mutwillig habe bestandskräftig werden lassen - nicht informiert gewesen. Die Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs habe die Klägerin schon im Ansatz nicht schlüssig dargetan und substantiiert vorgetragen; jedenfalls aber sei zwischenzeitlich auch Verwirkung eingetreten.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des AG - FamG - Mainz vom 25.11.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und hält dem Beklagten - ungeachtet einer Kontaktaufnahme zwischen den Parteien - die von ihm verletzte Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung des Steuerbescheides an die Bewilligungsbehörde vor. Der Beklagte sei schließlich auch zum Ausbildungsunterhalt verpflichtet; seine diesbezügliche Leistungsfähigkeit ergebe sich aus dem hier gegenständlichen Rückforderungsbescheid vom 30.6.2003.
II. Die Berufung ist zulässig und auch begründet.
Das AG, das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31.5.2005 entschieden hat, hat zu Unrecht dem Klagebegehren stattgegeben.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz respektive Ausgleichung der auf Grund des Rückforderungsbescheids vom 30.6.2003 (Bl. 80 f. GA, Bewilligungszeitraum August 2001 bis Juni 2002) bereits an das Land Hessen zurückgezahlten Ausbildungsförderung i.H.v. 2.085,20 EUR (Stand per 31.8.2005; vgl. Bescheid v. 30.9.2004 - Bl. 15 f. GA - und Stundungsbescheid v. 1.4.2005 - Bl. 71 GA -) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
1. Ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung einer den Beklagten im sozialverwaltungsrechtlichen Verfahren nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zum Schutze der Klägerin treffenden Auskunfts- oder Mitwirkungspflicht besteht nicht.
a) Aus dem auf die Verwandtschaft und die hieraus abgeleitete Unterhaltspflicht gegründeten gesetzlichen Schuldverhältnis (Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl. 2006, Einf. vor § 1601 Rz. 1) oblag es allerdings dem Beklagten - jenseits der (unterhaltsrechtlichen) Auskunftspflicht nach § 1605 BGB - als Nebenpflicht i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2004, 145), im BAföG-Bewilligungsverfahren der Klägerin mitzuwirken (s. dazu § 60 SGB I i.V.m. § 47 Abs. 4 BAföG). Auf den für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (Internatsbesuch) festzustellenden Bedarf der Klägerin war grundsätzlich das Einkommen der Eltern anzurechnen (§§ 11 Abs. 2 Satz 1, 12 Abs. 2 und 3 BAföG); der Beklagte war daher zur Vorlage des maßgebenden Steuerbescheids (Veranlagungsjahr 1999) oder jedenfalls zur Glaubhaftmachung seiner Einkommensverhältnisse gehalten (§ 24 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BAföG). Diese (auch) im Interesse der Klägerin bestehende Mitwirkungspflicht hat der Beklagte aber - entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil - nicht verletzt.
Unstreitig hatte der Beklagte ggü. der zuständigen Behörde - der Wahrheit gemäß - das Vorliegen des maßgebenden Steuerbescheides verneint; der Bewilligungsbescheid vom 28.9.2001 (Bl. 73 GA) wurde daraufhin "unter dem Vorbehalt der Rückforderung" erlassen (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 2 BAföG). Im Berufung...