Gründe

Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 6. August 1989, der sich gegen 13.00 Uhr auf der früheren Bundesstraße B zwischen K und N ereignete (zur Unfallörtlichkeit Skizze Bl. 6 der Beiakte 107 Js 36760/89 StA Koblenz, Lichtbilder Bl. 19 der Beiakte).

Der Kläger befuhr mit seinem Motorrad, zusammen mit einer Gruppe von drei weiteren Motorradfahrern, jene Straße mit einer von ihm angegebenen Geschwindigkeit von ca. 90 bis 100 km/h. Hinter einer (aus seiner Sicht) Rechtskurve war die Beklagte zu 1) im Begriff, mit ihrem PKW Ford Fiesta aus einer Parkbucht vom rechten Seitenrand kommend auf der Straße zu wenden, um in entgegengesetzter Fahrtrichtung weiter fahren zu können.

Die Sichtweite des Klägers betrug vom Ausgang der Kurve bis zur späteren Unfallstelle ca. 20 bis 30 m.

Beim Herannahen des Klägers hatte die Beklagte zu 1) ihr Fahrzeug schon fast in Fahrtrichtung K gewendet und befand sich mit dem vorderen Teil des PKW's auf der für den Kläger linken Fahrspur. Der Kläger versuchte, durch eine Vollbremsung eine Kollision zu vermeiden, prallte aber mit seinem Motorrad in die linke Seite des PKW's. Die vor dem Kläger fahrenden Motorradfahrer S und S konnten noch vor bzw. hinter dem Fahrzeug der Beklagten zu 1) vorbeifahren. Der Motorradfahrer S stieß gegen die linke Leitplanke und stürzte.

An dem Motorrad des Klägers und an dem PKW der Beklagten zu 1) entstand Totalschaden.

Durch den Unfall wurde der Kläger erheblich verletzt. Er erlitt einen verschobenen Speichenbruch an der linken Hand, Weichteilverletzungen am rechten Unterschenkel mit freiliegendem Knochen sowie Schürfwunden. Er befand sich 18 Tage in stationärer Krankenhausbehandlung und war 4 Monate 100 % arbeitsunfähig (GA Bl. 21, 19). Als Unfallfolge wird vom Kläger der Verlust des linken oberen Eckzahnes behauptet.

Der Kläger hat materiellen Schadensersatz in Höhe von insgesamt 26.302,07 DM und die Zahlung von Schmerzensgeld (15.000,00 DM) verlangt. Die Beklagte zu 2) hat vorprozessual auf den Schadensersatz 18.033,18 DM (GA Bl. 5) und ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 DM gezahlt (GA Bl. 8). Die Beklagte zu 1) hat eine Hilfsaufrechnung geltend gemacht (GA Bl. 41).

Die auf Zahlung des Differenzbetrages gerichtete Klage (GA Bl. 66) hat das Landgericht abgewiesen. Es hat ein Mitverschulden des Klägers in Höhe von 1/3 zugrundegelegt und das von der Beklagten zu 2) gezahlte Schmerzensgeld als angemessen angesehen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er ausgehend von einer Haftungsquote von 80 % Schadensersatz in Höhe von restlichen 2.708,47 DM und ein weiteres Schmerzensgeld von 6.000,00 DM (GA Bl. 112) verlangt.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie hat jedoch nur hinsichtlich des Schmerzensgeldes einen teilweisen Erfolg.

Der Kläger hat seinen materiellen Schadensersatz zu mehr als 2/3 von der Beklagten zu 2) ersetzt erhalten. Noch mehr steht ihm gemäß §§ 7, 17 StVG, 3 PflichtversG keinesfalls zu.

Zwar spricht der erste Anschein für ein schuldhaftes Fehlverhalten der Erstbeklagten. Nach der Lebenserfahrung ist dann, wenn ein Fahrzeug des fließenden Verkehrs mit einem wendenden Kfz zusammenstößt, die Schlußfolgerung geboten, der Wendende habe sich nicht gemäß § 9 Abs. 5 StVO so verhalten, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war (vgl. BGH VersR 85, 989 f; zum Anscheinsbeweis allgemein BGH VersR 84, 40, 41). Die PKW-Fahrerin durfte auf der kurvenreichen Straße mit den ungünstigen Sichtverhältnissen (Fotos BA Bl. 19) nicht wenden.

Der für einen unfallursächlichen Verkehrsverstoß der Erstbeklagten sprechende Anschein wird nicht durch die Tatsache erschüttert, daß der Kläger - so sein eigener Vortrag - sich der Unfallstelle bei einer Sicht von allenfalls 30 m mit einer Geschwindigkeit von 90 bis 100 km/h genähert hat. Bei dieser Geschwindigkeit war es dem Kläger aber nicht möglich, innerhalb der für ihn überschaubaren Fahrstrecke sein Motorrad anzuhalten (Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 3 StVO - Fahren auf Sicht -). Zudem ergibt sich aus der Verkehrsunfallskizze (BA Bl. 6), daß mit 3,10 m Breite noch genügend Platz zwischen dem rechten Fahrbahnrand und dem Fahrzeug der Erstbeklagten vorhanden war, um dem Kläger eine Durchfahrt zu ermöglichen, wie sie auch dem Mitfahrer S gelang, zumal daneben noch die Parkbucht frei war.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile (§ 17 StVG) führt zu einem überwiegenden Haftungsanteil der Beklagten. Der Senat hält ebenso wie das Landgericht eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Beklagten für angemessen.

Den vom Kläger geltend gemachten materiellen Schaden hat die Beklagte zu 2) mit der Zahlung von 18.033,18 DM somit bereits ausgeglichen, so daß dem Kläger hierauf kein weitergehender Schadensersatz zusteht.

Auf den ihm zustehenden Schmerzensgeldanspruch (§§ 823, 847, 254 BGB) hat der Kläger unstreitig 4.000,00 DM von der Beklagten zu 2) erhalten. Die unfallbedingt erlittenen Verletzungen und Verletzungsfolgen rechtfertig...

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