Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung des Anspruchs auf die Leasingraten bei Untätigkeit des Leasinggebers bis zum Abschluss der erfolglosen Wandelungsklage des Leasingnehmers gegen den Lieferanten

 

Leitsatz (amtlich)

Ist in den AGB des Leasinggebers neben der Ermächtigung des Leasingnehmers, einen Wandelungsprozess gegen den Verkäufer des Leasingobjekts zu führen, dessen Verpflichtung vereinbart, bis zum Abschluss des Rechtsstreits gegen den Lieferanten die Leasingraten gerichtlich zu hinterlegen, handelt es sich nicht um ein die Verjährung des Anspruchs auf die Leasingraten hemmendes vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht. Duldet der Leasinggeber bis zum Abschluss der erfolglosen Wandelungsklage, dass die vertraglich vereinbarte Hinterlegung unterbleibt, verjährt der Anspruch auf die Leasingraten nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 199 Abs. 1, §§ 205, 214 Abs. 1, §§ 273, 313, 320, 307, 309 Nr. 2, § 768 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 11.09.2013)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.09.2015; Aktenzeichen VIII ZR 119/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Aufhebung des Urteils der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 11.9.2013 abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht von der Gegenseite Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages gestellt wird.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin finanziert Investitionen im medizinischen Bereich. In diesem Rahmen verleaste sie an die Beklagte zu 1. für den Betrieb deren physiotherapeutischer Praxis mit Vertrag vom 8.6.2004 eine EDV-Anlage, die sie zuvor gekauft hatte. Als Entgelt wurde neben einer Mietsonderzahlung von 8.000 EUR " plus 16 % Mehrwertsteuer" Monatsraten von 1.399,43 EUR "zzgl. 16 % Mehrwertsteuer" vereinbart, die drei Jahre lang entrichtet werden sollten. Daneben waren der Klägerin monatlich 69,70 EUR "zzgl. Mehrwertsteuer" zur Abdeckung von Versicherungskosten zu zahlen. Daraus ergab sich eine Gesamtrate von 1.704,19 EUR im Monat, die die Beklagte zu 1. von Juli 2004 bis einschließlich April 2005 leistete.

Von Mai 2005 an stellte sie ihre Zahlungen ein. Deshalb hat sie die Klägerin, die sich im Hinblick auf die zum 1.1.2007 eingetretene allgemeine Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 19 % seither einer monatlichen Forderung von 1.748,26 EUR berühmt, im vorliegenden Rechtsstreit auf die Zahlung von insgesamt 44.573,36 EUR (= 20 × 1.704,19 EUR + 6 × 1.748,26 EUR) nebst Zinsen in Anspruch genommen. In demselben Umfang hat sie den in der Praxis der Beklagten zu 1. tätigen Beklagten zu 2. verklagt, weil sich dieser am 11.6.2004 für die Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag verbürgt hatte.

Die EDV-Anlage war am 23.6.2004 von dem Lieferanten bei der Beklagten zu 1. aufgestellt und von dieser als ordnungsgemäß abgenommen worden. Gemäß deren Vortrag offenbarten sich alsbald danach Hardware- und Software-Mängel. Deshalb erklärte sie der Klägerin unter dem 13.5.2005 den Rücktritt vom Leasingvertrag. Außerdem erhob sie am 23.7.2005 gegenüber der Lieferantin Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Dabei stützte sie sich auf ihre Vertragsabreden mit der Klägerin, der zufolge ihr deren kaufvertragliche Mängelgewährleistungsansprüche abgetreten worden waren. Diese Abtretung ging mit der Vereinbarung eines Haftpflichtausschlusses zugunsten der Klägerin einher. Allerdings wurde der Beklagten zu 1. ein "Zurückbehaltungsrecht" an den Leasingraten zugestanden, sobald von ihr "wegen eines Mangels Wandlungsklage erhoben" worden sei, wobei "die zurückbehaltenen Raten bei Gericht zu hinterlegen" seien.

Die Klage der Beklagten zu 1. wurde am 9.11.2011 durch das OLG abgewiesen. Eine dagegen gewandte Nichtzulassungsbeschwerde war ohne Erfolg.

Ihrer Inanspruchnahme im vorliegenden Rechtsstreit haben die Beklagten den Einwand der Fehlerhaftigkeit des Leasingobjekts entgegen gesetzt. Außerdem haben sie die Verjährungseinrede erhoben, wobei der Beklagte zu 2. nicht nur eine Verjährung der Hauptverbindlichkeit, sondern auch eine Verjährung der Bürgschaftsschuld geltend gemacht hat.

Das LG hat die Beklagten - unter Abweisung des weiter gehenden Begehrens der Klägerin - zur Zahlung von 44.321,42 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die von ihm vorgenommene Anspruchskürzung erklärt sich daraus, dass es auf die Leasingraten - anders als auf die Versicherungsraten - konstant einen Mehrwertsteuersatz von 16 % zur Anwendung gebracht hat. Aus der Sicht des LG steht der Beklagten zu 1. wegen einer möglichen Fehlerhaftigkeit der Leasingsache kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Denn eine Mängelgewährleistungspflicht der Klägerin sei vertraglich ausgeschlossen worden, und die Klage gegen die Lieferantin, deren Erhebung die Beklagte zu 1. zur Zahlungseinstellung befugt habe, sei gescheitert. Gleichzeitig habe die während...

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