Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine Verbindlichkeit im ausschließlichen Interesse eines Ehegatten begründet worden und kommt sie diesem auch allein wirtschaftlich zugute, kann dies den Schluss auf seine alleinige Ausgleichspflicht rechtfertigen.
2. Eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt auch dann nahe, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen zustehenden Unterhalts - sei es durch Urteil oder durch (vergleichsweise) Unterhaltsvereinbarung - bereits berücksichtigt worden ist.
3. Der Gesamtschuldnerausgleich dient nicht der Korrektur unterhaltsrechtlicher Grundsätze (Erwerbstätigenbonus/Quotenunterhalt); eine "Restausgleichsforderung" für verschiedene Unterhaltszeiträume besteht daher nicht.
4. Die Auslegung einer - im unmittelbaren Anschluss an ein gerichtliches Erkenntnis zum Trennungsunterhalt getroffenen - unterhaltsrechtlichen Abrede kann ergeben, dass die Parteien ungeachtet eines beiderseitigen Verzichts auf Ehegattenunterhalt für die Zukunft die Unterhaltsberechnung fortgeschrieben haben.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1, § 1361
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 10.03.2009; Aktenzeichen 9 O 248/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Koblenz vom 10.3.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.666,36 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.4.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen der Kläger zu 23/25 und die Beklagte zu 2/25; die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 4.500 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 6.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner ehemaligen Ehefrau, hälftige Erstattung von seit der Trennung erbrachten Zahlungen auf während der Zeit des Zusammenlebens begründete Verbindlichkeiten sowie hälftige Freistellung von ab Januar 2009 fällig werdenden Bau(spar)darlehensraten. Die am 31.5.1996 geschlossene Ehe der Parteien, die seit April 2006 getrennt lebten, wurde am 31.10.2008 rechtskräftig geschieden.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Die Parteien lebten in dem vom Kläger bereits vorehelich zu Alleineigentum erworbenen Hausanwesen in Pohl. Zu der vom Kläger beabsichtigten grundlegenden Modernisierung und Renovierung des Hauses ist es bis heute nicht gekommen; die Beklagte ist nach der Trennung ausgezogen. Der Kläger hat den Sollsaldo des ehedem gemeinsamen Girokontos bei der Volksbank Rhein-Lahn eG per 11.7.2007 zurückgeführt.
Das OLG Koblenz hat mit - rechtskräftigem - Urteil vom 5.6.2008 - 7 U 362/07 - über den rückständigen sowie den laufenden Trennungsunterhalt der Beklagten (Mai 2006 bis Oktober 2008) entschieden. Mit Prozessvergleich vor dem AG - Familiengericht - Diez vom 31.10.2008 - 12 F 40/07 - hat der Kläger sich verpflichtet, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt (Ehegattenunterhalt) i.H.v. 100 EUR monatlich ab November 2008 bis einschließlich Juni 2009 zu zahlen; ab Juli 2009 haben die Parteien wechselseitig auf Ehegattenunterhalt verzichtet.
Das LG Koblenz hat mit Urteil vom 10.3.2009 - unter Abweisung im Übrigen - die Beklagte zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages an den Kläger i.H.v. 3.947,28 EUR nebst Zinsen (Bauspardarlehen Badenia und Schwäbisch-Hall für Zeitraum Mai bis August 2008 sowie November und Dezember 2008; Sollsaldo Girokonto per 19.4.2006i.H.v. 3.077,33 EUR zzgl. Zinsen und Kontogebühren für Zeitraum April bis Dezember 2006i.H.v. 367,75 EUR) sowie zur Freistellung des Klägers hinsichtlich der Bauspardarlehen Badenia respektive Schwäbisch-Hall, jeweils in Höhe des hälftigen Sollsaldos per Dezember 2008, verurteilt; hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien.
Der Kläger erstrebt - nunmehr bezogen auf den je hälftigen Saldostand per Ende April/Anfang Mai 2009 - vollständigen Ausgleich respektive Freistellung hinsichtlich der Bau(spar)darlehen Badenia, Schwäbisch-Hall und SEB, hälftigen Ausgleich für die Kosten der Umbauplanung sowie - weitergehenden - hälftigen Ausgleich auch für die Zins- und Gebührenbelastung des ehedem gemeinsamen Girokontos bei der Volksbank Rhein-Lahn eG i.H.v. 36,88 EUR monatlich bis "einschließlich 2. Quartal 2007".
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Koblenz vom 10.3.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen
1. an den Kläger ei...