Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Entscheidung zur Vollstreckbarkeit - Auskunftsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein stattgebendes Urteil, mit dem zur Zahlung eines bestimmten Betrages und zur Erteilung von Auskunft verurteilt wurde, gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages für vorläufig vollstreckbar erklärt, so bezieht sich die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht auf den Auskunftsanspruch.
2. Wurde in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil ein stattgebender Ausspruch zur Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt, kann der Kläger in der Berufungsinstanz beantragen, das Urteil insoweit im Wege der Vorabentscheidung für vorläufig vollstreckbar zur erklären. Dies gilt auch dann, wenn er selbst weder Berufung noch Anschlussberufung eingelegt hat.
3. Ist der Schuldner zur Erteilung einer Auskunft verurteilt worden, rechtfertigt allein der Umstand, dass es sich bei den zu erteilenden Informationen um Geschäftsgeheimnisse handelt, für sich allein nicht die Annahme, dass eine Vollstreckung für den Schuldner nicht zu ersetzende Nachteile zur Folge hätte, wenn die mitzuteilenden Daten bei planmäßiger Abwicklung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien dem Gläubiger ohnehin bekannt geworden wären.
Normenkette
ZPO §§ 707, 709, 718-719
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 08.01.2008; Aktenzeichen 4 HK.O 10/04) |
Tenor
1. Die Vollstreckungsschutzanträge der Beklagten werden zurückgewiesen.
2. Auf Antrag der Klägerin wird die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung gem. Ziff. 2 des am 8.1.2008 verkündeten Urteils der 4. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 22.000 EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Gründe
I. Die Parteien sind Zulieferer der Automobilindustrie. Die Klägerin stellte für die früher unter S. AG firmierende Beklagte belederte Teile für Türinnenverkleidungen her.
Nachdem die Beklagte das Vertragsverhältnis gekündigt hat, macht die Klägerin, die die Kündigung für unwirksam hält, in der Hauptsache bezifferten Schadensersatz geltend. Zur Vorbereitung weiterer Schadensersatzforderungen begehrt sie zudem unter anderem Auskunft über die in einem bestimmten Zeitraum für eine bestimmte Modellserie von D.-C. georderten Stückzahlen an belederten Türinserts.
Am 8.1.2008 hat die 4. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz ein Schlussurteil verkündet, dessen Tenor u.a. wie folgt lautet:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 176.737,05 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2001 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die vom 1.2.2004 bis zum 30.6.2006 von D.-C. georderten Stückzahlen an belederten Türinserts für die Modellserie WS 203, inklusive der Ausstattungsvariante "Designo".
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der gem. Ziff. 2 erteilten Auskunft eidesstattlich zu versichern.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, welcher dieser durch die vorzeitige Beendigung des Liefervertrages zwischen den Parteien vom 3./06.9.1999 durch die Kündigung seitens der Beklagten vom 19.12.2003 entstanden ist.
5. Im Übrigen wird die Klage, soweit sie nicht durch das Teilurteil vom 19.4.2005 und Klagerücknahme erledigt ist, abgewiesen.
6. Die Widerklage wird abgewiesen.
7. (...)
8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie begehrt bis zur Entscheidung über die Berufung einstweiligen Vollstreckungsschutz gegen die mittlerweile von der Klägerin betriebene Zwangsvollstreckung aus Ziff. 2 des angefochtenen Urteils. Sie macht geltend, soweit sich der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus Ziff. 8 des Urteils auch auf die Verurteilung zur Auskunft in Ziff. 2 beziehe, sei die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen oder müsse der Beklagten jedenfalls die Möglichkeit gewährt werden, diese durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Das erstinstanzliche Urteil sei fehlerhaft. Die Interessen der Beklagten an der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung überwögen die Interessen der Klägerin an der Vollstreckung des Auskunftsanspruches, da sich die tenorierte Auskunft auf Geschäftsgeheimnisse beziehe und der Klägerin und anderen Wettbewerbern Rückschlüsse auf wichtige Geschäftsparameter der Beklagten ermögliche.
Die Beklagte beantragt,
(1) die Zwangsvollstreckung aus Ziff. 2 des Tenors des Urteils des LG Koblenz vom 8.1.2008 einstweilen einzustellen,
(2) die Ziff. 8 des Tenors des Urteils des LG Koblenz vom 8.1.2008 dahin gehend zu korrigieren, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils nicht auf die Ziff. 2 des Tenors des o.a. Urteils bezieht, hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu (1) zurückgewiesen wird,
(3) der Beklag...