Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Nachbarn, der in Abwesenheit des Eigentümers ein langfristig unbewohntes Haus hütet
Leitsatz (amtlich)
1. Wer aus Gefälligkeit gelegentlich in einem unbewohnten Haus nach dem Rechten sieht und Reinigungsarbeiten durchführt, ist nicht vertraglich zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das Versäumnis entsteht, von einem Tag auf den anderen den Hauptwasserhahn wieder zu schließen.
2. Auch deliktisch haftet der Verursacher mangels Verschulden nicht, wenn unter den konkreten Umständen des Einzelfalls nicht mit einem derartigen Schaden gerechnet werden musste.
3. Leerstand eines innerörtlichen Wohnhauses ohne Absperren der Wasserleitung ist kein gefahrerhöhender Umstand i.S.v. § 23 VVG.
Normenkette
BGB §§ 157, 241, 276, 305, 823; VVG § 23
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 28.2.2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen den Klägerinnen zu je 1/2 zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerinnen sind Eigentümer eines Hauses, das seit Anfang 1997 leer stand und verkauft werden sollte. Während des Leerstandes führte die Beklagte, die die Mutter der Klägerinnen ist, hin und wieder Reinigungsarbeiten im Haus durch. Dazu öffnete sie jedesmal den abgesperrten Hauptwasserhahn und drehte ihn anschließend wieder zu. Nach der Darstellung der Klägerinnen entsprach sie mit dieser Vorsichtsmaßnahme einer ausdrücklich erteilten Anweisung.
Als die Beklagte das Haus am 30.1.1998 im Hinblick auf einen für den nächsten Tag angesagten Besichtigungstermin erneut putzte, versäumte sie, die von ihr geöffnete Hauptwasserleitung wieder zu verschließen. In der Folge kam es zu einem Wasserschaden, der am Morgen des 31.1.1998 entdeckt wurde. Wegen eines Defekts in der Zulaufleitung für einen Boiler im Dachgeschoss waren weite Teile des Gebäudes durchnässt. Zur Schadensbeseitigung waren 83.275 DM erforderlich. Davon trug der Gebäudeversicherer der Klägerinnen 60.013,83 DM. Im Umfang des Differenzbetrags bestand keine Deckung, nachdem eine Zweitversicherung, die dafür hätte eintreten können, bereits mit Wirkung zum 18.4.1997 erloschen war.
Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen die Klägerinnen die Beklagte, die haftpflichtversichert ist, auf Ersatz des ungedeckten Schadens von 23.261,17 DM nebst Zinsen in Anspruch. Das LG hat diesem Begehren im Anschluss an die Vernehmung einer Zeugin und der Beklagten als Partei stattgegeben. Es ist von einer wenn auch nicht vertraglichen, so doch deliktischen Verantwortlichkeit der Beklagten ausgegangen, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Gewähr dafür übernommen habe, dass der Hauptwasserhahn des Hauses nach den Reinigungsarbeiten vom 30.1.1998 wieder verschlossen werde.
Das greift die Beklagte mit der Berufung an und erstrebt die Abweisung der Klage. Nach dem Vorbringen der Rechtsmittelschrift ist sie der Auffassung, sich nicht in einer Garanten- stellung befunden zu haben. Außerdem sei ihr Verhalten im Rechtssinne nicht schadensursächlich und auch nicht schuldhaft gewesen. Jedenfalls komme ihr ein stillschweigender Haftungsausschluss zugute. Dem treten die Klägerinnen entgegen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Klägerinnen können die Beklagte nicht auf Ausgleich des nicht von ihrer Versicherung gedeckten Wasserschadens in Anspruch nehmen.
1. Eine vertragliche Haftung der Beklagten scheidet von vornherein aus. Das hat das LG zutreffend aufgezeigt. Die Beklagte ist durch ihre Bereitschaft, im Haus der Klägerinnen Reinigungsarbeiten auszuführen, keine rechtliche Verpflichtung eingegangen. Gegen eine entsprechende Bindung sprechen sowohl die ihrer Art nach untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung der übernommenen Tätigkeit (BGH v. 3.11.1983 – III ZR 125/82, BGHZ 88, 373 [382] = MDR 1984, 380; Heinrichs in Palandt, BGB, 60. Aufl., vor § 241 Rz. 9; Sprau in Palandt, BGB, 60. Aufl., vor § 662 Rz. 4) als auch der Umstand, dass die Beklagte dabei keine erheblichen eigenen Interessen verfolgte (BGHZ 21, 102 [107]; v. 3.11.1983 – III ZR 125/82, BGHZ 88, 373 [382] = MDR 1984, 380). Es handelte sich um eine in familiären Beziehungen begründete Gefälligkeit des täglichen Lebens, die außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereichs angesiedelt war (BGHZ 21, 102 [107]). Die Dinge verhielten sich ähnlich wie in Fällen, in denen es jemand übernimmt, das Haus eines abwesenden Nachbarn oder Verwandten zu beaufsichtigen. Auch hier liegt regelmäßig kein Rechtsbindungswille vor (LG Hamburg VersR 1989, 468; Heinrichs in Palandt, BGB, 60. Aufl., vor § 241 Rz. 11).
2. Damit verbleibt allein die Möglichkeit einer deliktischen Verantwortlichkeit der Beklagten (§ 823 Abs. 1 BGB). Sie ist aber im Ergebnis, anders als das LG gemeint hat, ebenfalls abzulehnen.
a) Richtig ist allerdings, dass die Beklagte den objektiven Tatbestand einer unerlaubt...