Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiensache. Ehegattenunterhalts aus übergegangenem Recht
Leitsatz (amtlich)
Ein Bescheid nach § 29 BSHG wegen Heranziehung zur Leistung von Aufwendungsersatz kann, falls sich später ein Getrenntleben der Ehegatten herausstellt, in eine Rechtswahrungsanzeige nach § 91 Abs. 3 BSHG umgedeutet werden.
Normenkette
BGB § 1361; BSHG § 91 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Aktenzeichen 6 F 491/99) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – … – … vom 19. September 2000 teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.448,70 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20. November 1999 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 56 % und der Beklagte 44 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der klagende Landkreis (im Folgenden: Kläger) gewährt der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten, die seit dem 30. November 1994 in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht ist, ab 1. August 1995 Hilfe zur Pflege in Einrichtungen gemäß § 68 BSHG. Er macht im vorliegenden Verfahren Unterhaltsansprüche der Ehefrau für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Dezember 1995 aus übergegangenem Recht geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag (10.070,90 DM) in Höhe von 4.448,70 DM weiterverfolgt.
Das Rechtsmittel des Klägers ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden und führt auch in der Sache im vollen Umfang zum Erfolg.
Der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten steht für den hier maßgeblichen Zeitraum ein Unterhaltsanspruch gegen diesen aus § 1361 Abs. 1 BGB, der nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf den Kläger übergegangen ist, in dem in der Berufungsinstanz noch geltend gemachten Umfang zu, weil sie unstreitig nicht in der Lage war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und sie auch ansonsten nicht über eigene Einkünfte verfügte, aus denen sie ihren Lebensbedarf in vollem Umfang selbst hätte bestreiten können.
Der Unterhaltsbedarf der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten bestimmt sich nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, wobei diese an der Entwicklung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zur Scheidung gemeinschaftlich teilhaben, denn bis dahin besteht die Ehe fort. Danach stand der getrennt lebenden Ehefrau in dem hier maßgeblichen Zeitraum ein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten mindestens in Höhe der vom Kläger geltend gemachten Unterhaltsbeträge zu; der Beklagte war auch in dieser Höhe leistungsfähig.
Seine Einkommensverhältnisse stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:
Ausweislich der vorliegenden Versorgungsmitteilung der Pfälzischen Pensionsanstalt vom 20. November 1995 hatte der Beklagte im Gesamtjahr 1995 eine Pension bezogen in Höhe
von |
46.688,43 DM |
abzüglich Lohnsteuer |
2.088,64 DM |
Kirchensteuer |
178,92 DM |
Solidaritätszuschlag |
98,40 DM |
bleiben |
44.322,47 DM |
– eine etwa in diesem Jahr für das Jahr 1994 erfolgte Steuererstattung ist hierbei noch nicht berücksichtigt –
Auf den Monat umgelegt ergibt sich ein Einkommen von |
3.693,54 DM |
abzüglich Kranken- und Pflegeversicherung |
249,38 DM |
bleiben gerundet |
3.444,00 DM. |
Hinzu zu rechnen ist das mietfreie Wohnen im lastenfreien Haus; unter Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten (106,93 DM) hält der Senat insoweit den Ansatz einer ersparten Wohnungsmiete von noch |
500,00 |
DM |
für angemessen.
Berücksichtigungsfähiges Einkommen damit insgesamt |
3.944,00 |
DM. |
Neben seiner getrennt lebenden Ehefrau war der Beklagte auch gegenüber seiner damals studierenden Tochter unterhaltsverpflichtet.
Deren Bedarf von |
950,00 |
DM |
war allerdings durch das an sie weitergeleitete Kindergeld von |
70,00 |
DM |
sowie die erhaltenen Leistungen nach dem BAFöG in Höhe von |
870,00 |
DM |
– insoweit spielt keine Rolle, dass das BAFöG als Darlehen geleistet wurde (vgl. BGH, FamRZ 1985, 916) – bis auf einen Restbetrag von |
10,00 |
DM |
vollständig gedeckt (wenn der Beklagte tatsächlich mehr gezahlt haben sollte, kann er dies seiner getrennt lebenden Ehefrau nicht entgegenhalten), so dass dem Beklagten ein Betrag verblieb von |
3.934,00 |
DM. |
Der Unterhaltsbedarf der Ehefrau beträgt die Hälfte hiervon, mithin |
1.967,00 |
DM. |
Den – geringeren – geltend gemachten Bedarfsbetrag von monatlich kann der Beklagte zweifelsfrei leisten. |
889,74 |
DM |
Der Unterhaltsanspruch ist in der genannten Höhe auf den Kläger übergegangen, da dieser in dem maßgeblichen Zeitraum durchgehend höhere Leistungen an die getrennt lebende Ehefrau des Beklagten erbracht hat. Die für die Unterbringung angefallenen Kosten betrugen nach Abzug der Beihilfeleistungen von monatlich 592,78 DM nämlich zwischen 2.637,22 DM und 2.831,52 DM (einschließlich eines Taschengeldes von monatlich 158,00 DM).
Die damit kraft Gesetzes auf den Kläger übergegangenen Unterhaltsansprüche in Höhe von mon...