Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsausfallentschädigung bei Langzeitausfall

 

Leitsatz (amtlich)

Die Höhe des Nutzungsausfallersatzes ist nicht durch die Höhe der Kosten begrenzt, die im konkreten Fall durch die Anmietung eines Mietwagens zu einem Langzeit- oder Sondertarif angefallen wären.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 04.10.2010)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Koblenz vom 4.10.2010 abgeändert und neu gefasst wie folgt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 10.907,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2009 abzgl. eines am 17.12.2009 gezahlten Betrages von 4.480,76 EUR zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den aus dem Verkehrsunfallereignis vom 15.6.2009 entstandenen Prämienschaden in der Fahrzeugvollkaskoversicherung zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites erster Instanz verteilen sich wie folgt: Die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagten zu 1) und 2) zu einem Anteil von 95 % als Gesamtschuldner zu tragen; im Übrigen fallen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Beklagten zu 1) zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) fallen dem Beklagten zu 1) zur Last. Im Übrigen hat jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldnern zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 15.6.2009 in. [X]/Mosel ereignet hat. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien im Berufungsverfahren unstreitig. Im Streit steht noch die Höhe des Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit bis zur Anschaffung eines Neufahrzeuges durch den Kläger sowie der Umfang der Anrechnung von Gebrauchsvorteilen durch Nutzung des Unfallfahrzeuges.

Bei dem unfallbeteiligten klägerischen Fahrzeug handelte es sich um einen fünftürigen Nissan Qashqai/Acenta mit einem Dieselmotor, das fünf Tage vor dem Unfall erstmals zum Verkehr zugelassen worden war und im Unfallzeitpunkt eine Laufleistung 723 Kilometern aufwies. Bei dem Unfall wurde es von der Ehefrau des Klägers gefahren. Die Beklagten behaupteten vorgerichtlich eine Mithaftung des Klägers von 50 % aufgrund eines Mitverschuldens an dem Unfall. Der Kläger beauftragte nach einer Bedenkzeit am 22.6.2009 einen Privatsachverständigen zur Feststellung der Schadenshöhe. Das Gutachten lag am 25.6.2009 vor. Am 26.6.2009 bestellte der Kläger einen Neuwagen, als dessen Liefertermin ihm der 14.8.2009 in Aussicht gestellt wurde. Am 16.7.2009 wurde dem Kläger seitens der Beklagten zu 2) fernmündlich angeboten, ein klassentieferes Mietfahrzeug zu einem Preis von 730 EUR im Monat ohne Eigenersparnisabzug in Anspruch zu nehmen. Hierzu bestätigte die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom gleichen Tage (Bl. 51 GA), "dass wir der Höhe nach keinen Einwand erheben, soweit ein Mietfahrzeug zum Preis von 820 EUR/Monat (klassengleich - Eigenersparnisabzug) bzw. 730 EUR/Monat (kein Eigenersparnisabzug) in Anspruch genommen wird." Der Kläger verzichtete auf eine Anmietung, da er angesichts des Mitverschuldenseinwandes der Beklagten befürchtete, einen Teil der Mietkosten letztlich selbst tragen zu müssen. Seine Ehefrau und er behalfen sich mit der Ausleihe von Fahrzeugen aus dem Verwandtenkreis. In der Zeit von Mitte Juni 2009 bis Mitte August 2009 befand sich der Kläger in einer Kur. Die Lieferung des Neufahrzeuges erfolgte am 19.8.2009.

Der Kläger hat gegen die Beklagten u.a. einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für einen Zeitraum von 66 Tagen zu einem Tagessatz von 50 EUR, mithin in einer Gesamthöhe von 3.300 EUR geltend gemacht. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, dass er seinen Nutzungsausfallschaden abstrakt anhand der Tabellen von Sanden/Danner für den vollen Zeitraum von dem Unfalltag bis zur Neulieferung berechnen könne und sich nicht auf hypothetisch anfallende Mietkosten zu Langzeittarifen verweisen lassen müsse. Ein Wille zur Nutzung des Fahrzeuges, bei dem es sich um das einzige Familienfahrzeug handele, habe bestanden; insbesondere hätte es - so sein Vorbringen - während seiner - des Klägers - Kurbehandlung mitgenommen oder durch seine Ehefrau genutzt werden können.

Die Beklagten haben - neben dem Einwand eines Mitverschuldens des Klägers an dem Unfall - vorgebracht, dass der Anspruch des Klägers auf Nutzungsausfallentschädigung aus Gründen der Schadensminderungspflicht auf die Kosten begrenzt sei, welche bei Inanspruchnahme eines klassentieferen Mietfahrzeuges zu einem Langzeittarif voraussichtlich entstanden wären. Diese hätten im vorliegenden...

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