Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Markenschutzverletzung durch unberechtigten Transit von geschützter Originalware (Kosmetika)

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 11.12.2002; Aktenzeichen 3 HO 108/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.03.2007; Aktenzeichen I ZR 66/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 3. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 11.12.2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Durch das mit der Berufung angefochtene Urteil hat das LG der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, Kosmetika, die nicht mit Zustimmung der Markeninhaberinnen oder eines sonstigen Berechtigten in Deutschland oder einem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union unter den im Urteilstenor näher angegebenen Markenbezeichnungen in den Verkehr gelangt seien, durch die Bundesrepublik Deutschland durchzuführen oder durchführen zu lassen.

Des Weiteren hat das LG die Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen, den Klägerinnen Auskunft über den Umfang der von ihr zu vertretenden Verletzungshandlungen zu erteilen, und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Klägerinnen sämtlichen ihnen entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen.

Schließlich ist die Beklagte nach dem Urteil des LG verpflichtet, die vom Hauptzollamt Trier - Zollamt Hahn-Flughafen - beschlagnahmten Kosmetika unter Aufsicht eines von den Klägerinnen zu bestimmenden Gerichtsvollziehers zu vernichten.

Mit der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Begehren auf Klageabweisung weiter.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Steitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Urkunden verwiesen.

II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Den Klägerinnen steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Durchfuhr markenrechtlich geschützter Waren durch das Gebiet der BRD, soweit diese nicht mit der jeweiligen Zustimmung der Markeninhaberin oder eines von ihr autorisierten Rechtsträgers im europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gelangt sind, nicht zu.

Entgegen der auf eine breite Literaturmeinung (Sack, RIW 1995, 177 [181 ff.]; Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 Rz. 483; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rz. 199 ff.) gestützten Rechtsansicht des LG geht der Senat - insoweit in Übereinstimmung mit den Feststellungen des EuGH für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 23.10.2003 - Az.: C-115/02 - (EuGH v. 23.10.2003 - Rs. C-115/02, GRUR Int. 2004, 39 f.) - nicht davon aus, dass jeder ohne Erlaubnis des Rechtsträgers erfolgte Transit gekennzeichneter Ware durch das Bundesgebiet eine Verletzungshandlung i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG darstellt, die zu einem Unterlassungsanspruch nach Abs. 5 dieser Bestimmung führt.

Eine ausdrückliche Regelung, wonach die reinen Transporthandlungen zum Zwecke des Transits unter den markenrechtlichen Schutz fallen, kennt das Markengesetz nicht.

Die Durchfuhr geschützter Ware ist neben der in § 14 Abs. 3 MarkenG geregelten Ein- und Ausfuhr nicht ausdrücklich aufgeführt.

Soweit § 14 Abs. 3 MarkenG gesetzestechnisch vor der enumerativen Aufzählung der einzelnen Verletzungshandlungen einleitend die Formulierung enthält: "... so ist es insb. untersagt, ....", kann hieraus allenfalls der Schluss gezogen werden, dass eine abschließende Benennung der Rechtsverstöße durch den Gesetzgeber nicht erfolgt ist.

Einen Anhalt für die Annahme, die Vorschrift schließe auch den Fall des ungebrochenen Transits markierter Originalware als gleichwertige Benutzungshandlung ein, vermag der Senat hierin nicht zu erkennen.

Zu prüfen war daher, ob sich die gesetzgeberische Intention aus anderen Rechtsquellen, insb. aus der amtlichen Begründung der Bundesregierung zum deutschen Markengesetz (BT-Drucks. 12/6581) erschließt.

In den dortigen Erläuterungen zu § 14 MarkenG (Verbotstatbestände, Unterlassungsanspruch) wird insoweit ausgeführt, die "Durchfuhr" sei nicht ausdrücklich aufgenommen worden. Dies beruhe nicht etwa darauf, dass in der Durchfuhr keine Markenverletzung gesehen werden könne. Eine solche Schlussfolgerung verbiete sich bereits wegen der nur beispielhaften Bezeichnung der Verletzungstatbestände in § 14 Abs. 3 MarkenG. Bei Durchfuhrtatbeständen könne vielfach auch der Einfuhr- und Ausfuhrtatbestand erfüllt sein.

Im Übrigen solle es der Rechtsprechung überlassen bleiben, ob in bestimmten Durchfuhrfällen (wenn z.B. dem Inhaber der mit einer Marke versehenen durchgeführten Ware sowohl im A...

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